Posts for Tag: Griechenland

Gute Nachrichten! Der Schuldenschnitt ist endlich da!

Gute Nachrichten! Der Schuldenschnitt ist endlich da!

Die Geldgeber des Krisenlandes haben der Regierung zugesagt, auf einen Teil ihrer Forderungen zu verzichten. Damit ist der Weg frei für ein Hilfspaket des IWF.

Na das war ja auch mal Zeit!1!!

So seien die Kreditgeber mit einem Forderungsverzicht von 20 Prozent einverstanden, sagte Finanzministerin Natalia Jaresko. Die Umschichtung von Krediten mit einem Volumen von 18 Milliarden Dollar solle bis Ende Oktober abgeschlossen sein.

Wer sich jetzt wundert, dass Natalia Jaresko so gar nicht griechisch klingt: Wir reden hier natürlich auch nicht über Griechenland, sondern über die Ukraine. Pfft, was habt ihr denn gedacht!?

Quelle: Fefe

(via Mr. Reader)

Fraport bekommt 14 griechische Flughäfen

Regierung in Athen gibt Zuschlag zu umstrittenem Privatisierungsprojekt / Deutsches Unternehmen wird erster Profiteur des neuen Memorandums

Berlin. Der Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport hat von der SYRIZA-geführten Regierung den Zuschlag für 14 griechische Regionalflughäfen erhalten. Eine entsprechende Entscheidung wurde am Dienstagmorgen in Athen bekannt. Der Gesamtkaufpreis für die Betreiberkonzessionen beträgt 1,234 Milliarden Euro.

Der Verkauf ist hoch umstritten, da sich das mehrheitlich in Staatsbesitz befindliche deutsche Unternehmen den Zuschlag in den Verhandlungen mit Griechenland über ein drittes Kreditprogramm extra hatte absichern lassen. Auch in der griechischen Regierung stand die Privatisierung unter scharfer Kritik.

Der zuständige griechische Infrastrukturminister Christos Spirtzis hatte unlängst gegenüber der ARD erklärt, »bei dieser Privatisierung soll der griechische Staat 14 gewinnbringende Flughäfen verkaufen, und die anderen 30 Flughäfen, die keinen Gewinn machen und subventioniert werden müssen, bleiben beim griechischen Staat.« Dies sei »ein Modell, das so noch nirgendwo in Europa angewandt wurde. Das passt eher zu einer Kolonie als zu einem EU-Mitgliedsland«.

»Als Vorabmaßnahme und zur Wiederaufnahme des Privatisierungsprogramms wird die Regierung folgende Maßnahmen verabschieden: (…) Die Behörden werden unumkehrbare Schritte für den Verkauf der Regionalflughäfen zu den gegenwärtigen Bedingungen, bei denen der erfolgreiche Bieter bereits feststeht, durchführen.«
(aus dem Memorandum of Understanding für ein dreijähriges ESM-Programm)

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Kolonie Deutsch-Südosteuropa verabschiedet auf Geheiß Berlins neue Gesetze

Athen (dpo) - Es herrscht dieser Tage eine seltene Emsigkeit in Deutsch-Südosteuropa. Bis Mitternacht hat der Eingeborenenrat des deutschen Schutzgebietes Griechenland Zeit, dem Willen Berlins mit der Durchsetzung eines umfangreichen Gesetzespakets zu entsprechen. Noch sträuben sich die stolzen Stammesfürsten gegen die leitende Hand der Zivilisation. Doch Bundeskommissar Schäuble zeigt sich zuversichtlich, dass der Grieche letztlich Vernunft annehmen möge.

"Wir haben die Zügel viel zu lange schleifen lassen", erklärte Herr Schäuble gestern in Berlin. So sei es eine Torheit gewesen, das Schicksal der Völker Griechenlands vorübergehend in ihre eigenen Hände zu legen. Immer wieder muss man nun Gelder an Deutsch-Südosteuropa überweisen, um überhaupt fristgerecht Tribut zu erhalten.

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Noch ein längeres Interview mit Varoufakis über die fünf Monate im Amt, Update 15.7.2015: Das ganze Interview auf Deutsch

Die Details sind ungefähr so, wie man sich das vorstellt. Money Quote:

HL: You’ve said creditors objected to you because “I try and talk economics in the Eurogroup, which nobody does.” What happened when you did?

YV: It’s not that it didn’t go down well – it’s that there was point blank refusal to engage in economic arguments. Point blank. … You put forward an argument that you’ve really worked on – to make sure it’s logically coherent – and you’re just faced with blank stares. It is as if you haven’t spoken. What you say is independent of what they say. You might as well have sung the Swedish national anthem – you’d have got the same reply. And that’s startling, for somebody who’s used to academic debate. … The other side always engages. Well there was no engagement at all. It was not even annoyance, it was as if one had not spoken.

Die Erfahrung habe ich auch gemacht. Mit der Politik reden ist wie mit einer Wand reden. Die sondern ein paar Sprechblasen ab, zu denen ihnen ihr PR-Fuzzy geraten hat, und denken sich: Wieder zwei Wählerstimmen gewonnen!1!!

Besonders geil ist wie sich Schäuble verhalten hat:

[But] Schäuble was consistent throughout. His view was “I’m not discussing the programme – this was accepted by the previous government and we can’t possibly allow an election to change anything. Because we have elections all the time, there are 19 of us, if every time there was an election and something changed, the contracts between us wouldn’t mean anything.”
Er erklärt auch, wieso sie unter solchen Umständen überhaupt diskutiert haben (wir hatten ein Mandat, wir sind gewählt worden, um zu verhandeln) und wieso sich das so lange hingezogen hat:
The negotiations took ages, because the other side was refusing to negotiate. They insisted on a “comprehensive agreement”, which meant they wanted to talk about everything. My interpretation is that when you want to talk about everything, you don’t want to talk about anything.
Glasklar erkannt!

Als nächstes beschreibt er die Strategie der EU in den "Verhandlungen". Die EU sagt: Wir brauchen alle eure Daten über euren Weg gerade, was ist der Status, wo geht es hin. Dann braucht die griechische Regierung einen Monat oder so, um das alles zusammenzutragen, und sie treffen sich wieder. Und dann passiert das hier:

The second phase was where they’d ask us what we intended to do on VAT. They would then reject our proposal but wouldn’t come up with a proposal of their own. And then, before we would get a chance to agree on VAT with them, they would shift to another issue, like privatisation. They would ask what we want to do about privatisation, we put something forward, they would reject it. Then they’d move onto another topic, like pensions, from there to product markets, from there to labour relations, from labour relations to all sorts of things right? So it was like a cat chasing its own tail.
Mit anderen Worten: Die haben auf Zeit gespielt. Sie wussten genau, dass sie die Griechen am langen Arm verhungern lassen können. Und dass während der Verhandlungen das Elend in Griechenland nur immer noch schlimmer würde. Also haben sie den Griechen was für den Zeitvertreib gegeben, und dafür gesorgt, dass das völlig klar wird, dass das bloß Zeitvertreib war, und man nicht gewillt ist, sich auch nur die Positionen der Griechen zuende anzuhören, geschweige denn zu einem Kompromiss zu kommen.

So ungefähr stelle ich mir das auch vor, wenn Israel und Palästina über den "Friedensprozess" verhandeln.

Ich bin ja ehrlich gesagt überrascht, wie konkret sich die Syriza-Leute da eine Strategie zurecht gelegt hatten. Nicht für die Verhandlungen, so ala Spieltheorie, sondern wie man aus der Krise rauskommen kann. Die haben es wirklich versucht! Das war mehr als "wir stellen uns jetzt tot und unterschreiben alles". Eine Schande, dass Deutschland die so ausgebremst und vor die Wand hat fahren lassen.

So by the time the liquidity almost ran out completely, and we were in default, or quasi-default, to the IMF, they introduced their proposals, which were absolutely impossible… totally non-viable and toxic. So they delayed and then came up with the kind of proposal you present to another side when you don’t want an agreement.
Ja warum denn auch. In Europa gilt jetzt wieder das Faustrecht. Der Stärkere diktiert die Konditionen für die Kapitulation. Das ist eine bewährte Strategie. Da werden sich einige ältere Mitbürger in unseren Nachbarländern sicher noch gut dran erinnern können.

Ich fürchte ja fast, dass wir mal wieder einen Krieg verlieren müssen. Muss ja kein Krieg mit Panzern und Haubitzen sein. Ein Wirtschaftskrieg reicht ja. Aber verlieren müssen wir, und zwar ordentlich, wenn wir so mit unseren Nachbarn umspringen. So geht man nicht mit Gläubigern um, wenn man sein Geld wiedersehen will und Kunden behalten will. So geht man mit Gläubigern um, wenn man sie langsam ausbluten will mit Zins und Zinseszins, und sicherstellen will, dass sie nie aus ihrer Notlage rauskommen. Nicht mal unseren Banken erlauben wir so ein Verhalten.

Oh und noch eine wichtige Lektion kann man hier lernen. Kapitalismus basiert darauf, dass die Reichen die Armen gegeneinander ausspielt. Die müssen alle neidisch aufeinander sein, die müssen sich Geschichten von Florida-Rolf erzählen und von Sozialschmarotzern, von Kindergeldbetrügern und Flüchtlings-Schmarotzern, von den bösen Diebesbanden aus Rumänien und den fiesen EU-Billiglohnländern, die unsere Arbeitsplätze klauen wollen (dabei sind wir selber jetzt ein Niedriglohnland, dank Frau Merkel). Aber keinesfalls dürfen sie darüber reden, wie ungerecht das Vermögen verteilt ist. Sonst könnte sich ja möglicherweise was ändern. Und genau so erging es Griechenland.

HL: Did you try working together with the governments of other indebted countries?

YV: The answer is no, and the reason is very simple: from the very beginning those particular countries made it abundantly clear that they were the most energetic enemies of our government, from the very beginning. And the reason of course was their greatest nightmare was our success: were we to succeed in negotiating a better deal for Greece, that would of course obliterate them politically, they would have to answer to their own people why they didn’t negotiate like we were doing.

Immer schön die Opfer gegeneinander kämpfen lassen. Bisschen Brot noch dazu, zu den Spielen. Fertig.

Volltext des Interviews

Quelle: http://blog.fefe.de/?ts=ab5b5280

(via Mr. Reader)

Update:

Volltext der Interviews auf Deutsch