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Brexit-Folgen … wenn die Realität sich hartnäckig weigert, den Prognosen der Medien zu folge

Für Medien, Politik und die einschlägigen Ökonomen war die Sache klar – wenn die Briten für den Brexit votieren, kracht die britische Wirtschaft zusammen. Egal ob es sich um die Bertelsmann-Stiftung, die London School of Economics oder die OECD handelt – die Folgen, die man den Briten prognostizierte, waren katastrophal. Seit dem Brexit-Votum im Juni hält diese Untergangsstimmung an. Woche für Woche werden wir mit negativen Prognosen konfrontiert. Vom „Niedergang der Wirtschaft“, „Milliardenlöchern“ und einem „Exodus“ der Arbeitsplätze ist dann die Rede. Das hat alles schon etwas „postfaktisches“, sagen die offiziellen Zahlen doch das genaue Gegenteil. Großbritanniens Wirtschaft entwickelt sich stärker als im vermeintlichen „Boomland“ Deutschland und die Arbeitslosigkeit ist, so man solchen Statistiken denn glauben darf, rückläufig. Seltsam, nicht wahr? 

Von Jens Berger.

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Hey, wenn wir hier schon Brexit machen, dann können ...

Hey, wenn wir hier schon Brexit machen, dann können wir auch richtig Brexit machen!1!!

Theresa May will die traurigen Reste der britischen Armee aus der Europäischen Menschenrechtskonvention rausnehmen. Denn wo kämen wir da hin, wenn wir hier verklagt werden könnten, nur weil unseren Soldaten ein bisschen die Hand ausgerutscht ist beim Folter Verhören!

Der Lacher ist, dass Artikel 15 tatsächlich erlaubt, sich aus der Menschenrechtskonvention teilweise zurückzuziehen — aber nur in Krisenzeiten! Nun ja, Krise haben die Briten, das wird wohl niemand bestreiten wollen. Allerdings gelten gewisse Regelungen auch in Krisenzeiten, zum Beispiel das Verbot von Folter und Sklaverei und Bestrafung ohne Gesetzesverstoß.

Der Hammer ist, was in dem Artikel ganz beiläufig am Rande erwähnt wird:

The UK has availed itself of derogations in the past, such as during the Troubles in Northern Ireland in the 1970s when it did just that for more than four years. France gave notice of a derogation following the Paris terrorist attacks in November 2015, Ukraine did so in June 2015 over border fighting with Russia, and—most recently—Turkey derogated from its obligations under ECHR following the failed military coup in July.
Oh, ach?


Liebe Eliten, Ihr spielt mit dem Feuer und treibt Europa in den Untergang

Nachdem die Phase der grenzen- und sinnlosen Beschimpfung des britischen Volkes sich nun nach fünf Tagen so langsam dem Ende zuneigt, hat sich in den Chefetagen der Politik und der Medien eine neue Brexit-Verdrängungsstrategie breitgemacht: Man spekuliert öffentlich über Tricksereien und gewiefte Winkelzüge, wie man das Ergebnis des Referendums ganz einfach umdeuten oder besser noch ignorieren könnte. Das hat ja in der Vergangenheit schließlich auch immer perfekt funktioniert! Diese unverhohlene Verhöhnung demokratischen Anstands ist jedoch ein Spiel mit dem Feuer. Man kann die Demokratie doch nicht dadurch retten, dass man sie abschafft. Bereits die öffentlichen Spekulationen über derlei Taschenspielertricks treiben den Rechtspopulisten Scharen neuer Wähler zu. Unsere Eliten scheinen jeden Sinn für die Realität verloren zu haben und treiben Europa in den Untergang. Von Jens Berger.


Europas jüngere Geschichte ist kein Ruhmesblatt für die Demokratie

Wenn Europas Spitzenpolitiker sich gegenseitig Preise verleihen, singen sie in ihren Laudationen gerne ein Hohelied auf die Demokratie. Wie ein Pfarrer, der sich nach dem Sonntagsgottesdienst erst einmal an den Messdienern vergeht, vergessen sie ihre hohen Ansprüche jedoch meist, wenn sie von der Kanzel herabsteigen. Europa und der Wille des Volkes – dies ist eine kurze Geschichte, die reich an Beispielen ist, wie man es als Demokrat gerade eben nicht machen sollte. 

Als sich aus der alten EG mit dem Vertrag von Maastricht die neue EU entwickeln sollte, trauten sich nur die Franzosen und die Dänen ihre Bevölkerung 1992 im Rahmen eines Referendums über das Vertragswerk abstimmen zu lassen. Die Franzosen stimmten mit Ach und Krach knapp für den Vertrag von Maastricht, die Dänen stimmten jedoch dagegen. Man trickste und täuschte, drohten den Dänen mit Konsequenzen und ließ sie ein Jahr später einfach noch einmal abstimmen. Nun passte das Ergebnis. Beflügelt durch die Missachtung des ersten Abstimmungsergebnisses entstand aus dem Umfeld der Vertragsgegner die rechtspopulistische Dänische Volkspartei, die heute zweitstärkste Fraktion im Folketing ist und die Minderheitsregierung mitträgt. 

Europa wuchs weiter zusammen. Dies machte fast zehn Jahre später den Vertrag von Nizza notwendig. Man zog seine Lehren aus dem Debakel der Dänen und diesmal ließ nur Irland seine Bevölkerung über das Vertragswerk abstimmen. Und dies auch nicht freiwillig, sondern gezwungenermaßen, da die irische Verfassung ein Referendum für solch tiefgreifende Verträge zwingend vorschreibt. Es kam, wie es kommen musste: im Juni 2001 lehnten die Iren mit klarer Mehrheit den Vertrag von Nizza ab. Die EU setzte Irland einmal mehr unter Druck und ließ die Iren ein Jahr später einfach noch einmal abstimmen. Diesmal passte dann auch das Ergebnis und die Iren waren nicht einmal sonderlich wütend, da Brüssel ihnen Konzessionen machte, die in den Folgejahren zum Boom des keltischen Tigers führen sollten – bezahlt mit Steuerumgehungsmöglichkeiten für große Konzerne, die den Rest Europas sehr viel Geld kosten sollten und von den Euro-Skeptikern in anderen Ländern – vollkommen zu Recht – als abschreckendes Beispiel angeprangert werden.

Immer enger, immer undemokratischer

Europa wuchs noch weiter zusammen. Nun wollte man eine gemeinsame Verfassung verabschieden. Diese Verfassung auch „Verfassung“ zu nennen, sollte sich jedoch schon kurze Zeit später als Fehler herausstellen. Ganze zehn EU-Staaten sehen nämlich eine Volksabstimmung vor, wenn ein völkerrechtlicher Vertrag verabschiedet werden soll, der Verfassungsrang hat und auch „Verfassung“ heißt. Nachdem die Spanier der EU-Verfassung zugestimmt haben, kam es in Frankreich und den Niederlanden bei den dortigen Referenden zu klaren Ablehnungen durch das Volk. Die EU war brüskiert, ratlos und stoppte erst einmal den Ratifikationsprozess. Die Strategie, die Völker so oft abstimmen zu lassen, bis das Ergebnis stimmt, drohte nun bei neun ausstehenden Referenden zu einem nicht zu kontrollierenden Image-GAU zu werden. Was machte man? Man gab dem Kind einfach einen neuen Namen. Aus der „Verfassung für Europa“ wurde der „Vertrag von Lissabon“ – inhaltlich gab es zwar fast keine Unterschiede aber durch den neuen Namen konnte man nun diese leidigen Referenden umgehen. Alle zehn Referenden? Nein – es waren wieder einmal die Iren, deren naive Verfassung dem Volk ein Mitspracherecht einräumte.

Also ließ man die Iren über Lissabon abstimmen und – welch´ Überraschung – die Iren lehnten den Vertrag klar ab. Es wurde wieder verhandelt, getrickst, die Iren bekamen Zuckerbrot und Peitsche in Form von weiteren Sonderzugeständnissen und der unverhohlenen Drohung, das Land im Falle eines zweiten „Neins“ aus der EU zu schmeißen. Und – wieder welch´ Überraschung – ein Jahr später stimmten die Iren Lissabon im zweiten Versuch zu. Hätten sie nicht zugestimmt, hätte es sicher auch noch einen dritten und vierten Anlauf gegeben. Demokratie ist nur dann Demokratie, wenn das Ergebnis den Eliten ins Konzept passt. Und was wurde aus den gescheiterten Referenden in Frankreich und den Niederlanden? Nun, sie waren perfekte Wahlkampfmunition für die Rechtspopulisten, die in Form der Front National und Gert Wilders PVV dank der Ignoranz der europäischen Eliten nun so richtig durchstarten konnten.

Es ist schon erstaunlich. Sämtliche Referenden oder Volksabstimmungen, die in den alten EU-Staaten in diesem Jahrhundert durchgeführt wurden, haben nicht zu dem Ergebnis geführt, für das die Menschen in der Mehrheit gestimmt haben. 2015 lehnten die Griechen mit übergroßer Mehrheit die Erpressung durch die Troika ab (Oxi) … wenige Wochen später musste Ministerpräsident Tsipras nach Canossa Brüssel pilgern und im Büßerhemd dem Papst Angela Merkel die Füße küssen und sein Volk weiter durch die Troika erpressen lassen, die nun allerdings einen neuen Namen hat. Na, wenn das keine Demokratie ist. 

Im April dieses Jahres stimmen die Niederländer – fast unter Ausschluss der europäischen Öffentlichkeit – über die Annahme des Assoziierungsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Ukraine ab. Mit 61% der Stimmen lehnten die Niederländer das Abkommen ab. Doch dies interessiert die Regierung Rutte offenbar nur am Rande. Man werde den Vertrag nun „nicht einfach so“ ratifizieren, sondern sich zuvor mit Brüssel beraten. Ach was! Das Abkommen ist übrigens seit Jahresbeginn bereits in Kraft … bisweilen provisorisch, aber das kann nach dem Willen Brüssels auch ewig so bleiben. 

Was nicht passt, wird einfach ignoriert oder umgedeutet

Der Gedanke, die Politik würde das Volk über wichtige Dinge abstimmen lassen und sich dann an das Votum des Volkes halten, ist leider naiv. Es gibt auch keinen wirklichen Grund, anzunehmen, warum dies bei der Brexit-Entscheidung des britischen Volkes anders sein sollte. Bereits die Entstehungsgeschichte des Brexit-Referendums hat mit echter Demokratie nichts zu tun. David Cameron wollte lediglich den EU-Gegnern in seiner eigenen Partei und die Rechtspopulisten der UKIP die Munition wegnehmen. Dann lassen wir das Volk halt über den EU-Verbleib abstimmen, es wird ja ohnehin ein „remain“ geben und dann muss die politische Rechte erst einmal Ruhe geben … schließlich hat das Volk ja ihrer zentralen Forderung widersprochen. Dass die Briten anders entscheiden würden, hat der Premier, der mit dem Feuer spielte, sicher noch nicht einmal im Traum gedacht. 

Da wundert es dann auch nicht, dass die Tories nicht sonderlich enthusiastisch an den Gedanken herangehen, das Votum des Volkes auch umzusetzen. Stattdessen werden bereits vermeintliche Auswege, Umwege und Tricksereien gesucht, um das Votum nicht anzuerkennen. Das Referendum sei schließlich per Gesetz nicht bindend, so die Trickser. Natürlich nicht, aber man lässt das Volk doch nicht über eine derart elementare Frage abstimmen, um sich dann nicht an das Votum zu halten. Die Wahlbeteiligung lag bei „nur“ 70%, demnach hat nicht die Mehrheit der Briten, sondern nur die Mehrheit derjenigen, die am Referendum teilgenommen haben, für den Brexit gestimmt. Natürlich, wie in fast allen Ländern der Welt gibt es in Großbritannien schließlich keine Wahlpflicht. Und wenn das Ergebnis anders ausgefallen wäre, hätte dies wohl auch niemanden ernsthaft gestört. Ich kann doch auch nicht Angela Merkel die Legitimation absprechen, da sie „nur“ von der Mehrheit der Wähler aber nicht von der Mehrheit der Wahlberechtigten gewählt wurde. Wer an Wahlen nicht teilnimmt, verschenkt nun einmal seine Stimme. Das war schon immer so. Und dass Merkels CDU vor allem von „den Alten“ und „den Dummen“ gewählt wird, ist auch Fakt – in Deutschland hat sich darüber aber noch niemand aufgeregt. Aber es gibt ja noch mehr Ausreden.

„Wir wussten doch nicht, was wir da anrichten“ … Pech gehabt, erwachsene Menschen sollten die Folgen ihres Handelns schon abschätzen können. „Nun könnte das Land auseinanderbrechen“ … natürlich, es war aber schon vorher bekannt, dass die Schotten und Nordiren von einem Brexit nichts halten und ein Votum pro Brexit von den dortigen Separatisten genutzt wird. „Man könne doch nun erst mal mit Brüssel verhandeln und dann noch mal abstimmen lassen“ … ja, das wäre sogar demokratisch halbwegs sauber; zumindest für die Briten. Aber was ist mit dem Rest Europas? Wer will noch mehr Extrawürste für die Briten akzeptieren? Müsste nicht jedes Land Europas gesondert darüber abstimmen, ob die EU England überhaupt weitreichendere Angebote macht? 

Egal wie man es dreht und wendet – das Referendum nutzt schlussendlich vor allem den Rechtspopulisten in allen EU-Staaten. Dass die UKIP bereits mit den Hufen scharrt und ihr gar nichts Besseres passieren kann, als dass sich die Tories irgendwie um die Folgen des Referendums herumdrücken, liegt auf der Hand. Wenn Großbritannien den Brexit durch Tricksereien umgeht, könnte der nächste Premier Nigel Farage heißen. Der würde dann sofort den Brexit erklären und vieles andere mehr. Ist es das, was die Trickser wollen? Wohl kaum. Aber auch Front National, AfD, FPÖ, die wahren Finnen und all ihre rechtspopulistischen Freunde in Ungarn, Polen, Dänemark und anderen Staaten der EU sind bereits jetzt die großen Gewinner des Referendums. Ihr Hauptgewinn steht jedoch noch aus, doch Europas Eliten basteln bereits mit aller Kraft daran, den Rechten so viel Munition wie möglich zuzuschustern. Nein, die Eliten haben nichts, aber auch gar nichts aus der Geschichte gelernt. 

„Nichts überstürzen“: England will vorerst weiter bei EM mitspielen

Nach der größten Blamage in der Geschichte Englands seit Freitag kündigte die englische Nationalmannschaft an, bei der Abreise nichts überstürzen zu wollen. Vorerst will das Land trotz der Niederlage gegen Island bei der EM weiterspielen und erst im Laufe der kommenden zwei Jahre langsam ausscheiden.

Der englische Trainer gibt sich unmittelbar nach der Niederlage verhandlungsbereit: „Wir nehmen unser Ausscheiden zur Kenntnis. Dieses kann dann gerne unter einem neuen Teamchef in Kraft treten, welcher bis spätestens Oktober feststeht.“ Außerdem muss die UEFA vor dem Ausscheiden auf einen offiziellen Antrag der Briten gemäß Artikel 50 warten.

Petition

Das Spielergebnis trifft die übrige britische Insel jedoch unerwartet und hart. Viele Fußball-Spieler fühlen sich hinters Licht geführt: „Wir wussten nicht, dass man tatsächlich verliert, wenn man den Ball ins Tor lässt“, meint etwa Superstar Wayne Rooney. In einer Petition forderten bis Redaktionsschluss 100.000 Briten gar eine Neuaustragung des Spiels.

Keine Niederlage?

Doch andere gaben sich dagegen betont positiv: „Das wirkt am ersten Blick wie eine große Niederlage für England“, meint etwa der Rechtspopulist Nigel Farage. „Aber ich sehe es viel mehr als einen Sieg der einfachen Leute über die arrogante, abgehobene Elite. Wir haben heute unser Land zurückbekommen. Wir sind wieder auf uns alleine gestellt.“

Weniger optimistisch sehen das die Ratingagenturen. So stufte Moody’s das Land heute Vormittag von AAA auf HAHAHA herab.

Via Die Tagespresse