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Bertelsmann: Juristen und NRW-Lokalpresse nehmen Piraten-Kritik auf

"Gefahr, dass Einzelinteressen über das Gemeinwohl siegen" - Juristen kritisieren Zusammenarbeit der Landesregierung mit Bertelsmann

Im Dezember debattierte das NRW-Parlament eine Große Anfrage der Piraten-Fraktion zu Lobbyismus von Bertelsmann-Konzern und -Stiftung: Die Landeshauptstadt Düsseldorf wurde Schauplatz der mit 55 Minuten hierzulande vermutlich bislang längsten parlamentarischen Redeschlacht über den Einfluss eines Lobbyisten. Telepolis berichtete darüber: Lobbyismus: König Bertelsmann.

Kritikpunkt war, dass die Bertelsmann-Tochter Arvato, das ServiceCenter der Landesregierung "technisch betreut" und dabei tief in hoheitliche Aufgaben hinein tätig zu sein scheint: Sie verwaltet den Kontakt zum Bürger. Die Piraten sahen dies in der Debatte als bürgerferne Politik des Abwimmelns.

Die Macht von Bertelsmann in Düsseldorf

In Medien liest man jetzt vom "Bertelsmann-Komplex" und seiner Macht in Düsseldorf. So schreibt die Rheinische Post: "15 Arvato-Bürgerberater in der Staatskanzlei bearbeiten demnach monatlich rund 20.000 Anrufe, rund 1.500 E-Mails sowie rund 350 Faxe und Briefe. Es handele sich nur um vorgefertigte wiederkehrende Informationen, beschwichtigt die Landesregierung. Die Arvato-Mitarbeiter hätten keine eigene Entscheidungshoheit."

Joachim Paul von der Fraktion der Piratenpartei verteidigte im NRW-Landesparlament die Große Anfrage der Piraten zum Bertelsmann-Lobbyismus und hatte dabei schon angekündigt, dass sich bereits Wissenschaftler mit den Ergebnissen befassen.

In der Debatte sah die SPD "kein Indiz" für die "unterstellte Anstößigkeit", die FDP warf den Piraten Skandalisierung vor, die Grünen warnten sogar, Bertelsmann dürfe nicht "dämonisiert" werden, die CDU wollte keinen Erkenntnisgewinn durch die Anfrage der Piraten gesehen haben.

Jetzt haben sich zwei Professoren der Rechtswissenschaft dazu geäußert und den überzogenen Einfluss des Medienkonzerns auf die Landesregierung in Düsseldorf kritisiert. ...

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Lobbyismus: König Bertelsmann

„Die Regierung habe 86 Aufträge an Bertelsmann vergeben, Aufwendungen von 6,7 Millionen Euro etwa für den Betrieb ServiceCenter der Landesregierung. Dort beantworte Arvato (nach eigenen Angaben) inzwischen die meisten Bürgeranfragen abschließend. 

80% aller eingehenden Bürgerkontakte, werden bereits im Erstkontakt fallabschließend durch die Arvato-Mitarbeiter bearbeitet. Das heißt vier von fünf Bürgeranfragen kommen nicht an die Exekutive heran, sondern werden schon vorher von einer privaten Firma erledigt. Die Politik der ausgestreckten Hand verkommt zur Politik des erhobenen Mittelfingers.

Die in der Debatte aufmarschierenden Etablierten wirkten gegen die erfrischende Kritik des Piraten wie eine Parade von Bauchrednerpuppen. Unisono bestritten die rot-grüne Regierungsfraktionen wie auch CDU und FDP jede "anstößige" Einflussnahme Bertelsmanns. Nun war gewiss keine Welle von reuigen Selbstanzeigen der Bestechlichkeit und Vorteilsnahme unter den Politikern zu erwarten gewesen.

Das völlige Fehlen jedweder Nachdenklichkeit, geschweige denn Kritik gegenüber der schieren Masse des Bertelsmann-Einflusses auf die Regierung, ist dennoch frappierend. Stereotyp wiederholten die Etablierten, was schon die Antwort der Regierung behauptete: Keine der vielen Stiftungen und Gruppen in NRW würde von der Politik bevorzugt gehört, alle hätten die gleiche Chance, sich in die Gestaltung des Landes einzubringen.“

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