Posts for Tag: Streik

Reaktionäres Relikt

Karlsruhe: Streikverbot für Beamte bleibt 

Von Daniel Behruzi

Zurück ins vorletzte Jahrhundert. Das scheint das Motto des Bundesverfassungsgerichts zu sein, das am Dienstag wieder einmal das Streikverbot für Beamtinnen und Beamte bekräftigte. Unter Berufung auf die »hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums« wiesen die Karlsruher Richter die Verfassungsbeschwerde von vier Lehrern ab, die wegen der Teilnahme an Warnstreiks disziplinarrechtlich belangt worden waren.

Schließlich gehe das Streikverbot »auf eine jedenfalls in der Staatspraxis der Weimarer Republik begründete Traditionslinie zurück«. Diese »Traditionslinie« ist eine zutiefst reaktionäre. 1, 7 Millionen verbeamteten Beschäftigten wird das Grundrecht auf Streik schlicht abgesprochen. Die grundgesetzlich verbriefte Koalitionsfreiheit wird damit für sie de facto ausgehebelt. Denn Beamte können zwar Gewerkschaften beitreten, mit ihnen aber nichts durchsetzen. Am Ende läuft das stets auf »kollektives Betteln« hinaus, wie es das Bundesarbeitsgericht einst nannte. Und das soll weiterhin für alle Beamten gelten – nicht nur für diejenigen mit »hoheitlichen Aufgaben«, sondern selbst für die 80.000 Beamten bei den börsennotierten Konzernen Telekom, Post und Postbank.

Während DGB, Verdi und GEW das heftig kritisieren, unterstützt der DBB Beamtenbund die Entscheidung »uneingeschränkt«. Es sagt schon viel über den Charakter dieser Organisation, dass sie es euphorisch begrüßt, wenn ihren eigenen Mitgliedern grundlegende Rechte vorenthalten werden. DBB-Vize Friedhelm Schäfer begründete das unter anderem so: »Wer die Schulpflicht gesetzlich verankert, muss auch dafür sorgen, dass Unterricht stattfindet.« Mit diesem Argument könnte man freilich jedem Beschäftigten in der öffentlichen Daseinsvorsorge das Streikrecht absprechen – und vielleicht wird das in nicht allzu ferner Zukunft auch der Fall sein.

Die Entscheidung zeigt vor allem eines: Mit juristischen Argumenten allein ist den reaktionären Eliten dieses Landes nicht beizukommen – und seien sie noch so schlüssig. Dass die 200.000 angestellten Lehrkräfte streiken dürfen, die 600.000 verbeamteten aber nicht, entbehrt jeder Logik. Und dass Bund und Länder das »besondere gegenseitige Dienst- und Treueverhältnis« durch die willkürliche Abkopplung der Besoldung von der Tarifentwicklung und die Verlängerung der Arbeitszeiten selbst untergraben, zählt offenbar ebensowenig. Das undemokratische Relikt des Streikverbots für Beamte wird daher wohl erst dann fallen, wenn es von den Betroffenen und ihren Gewerkschaften massenhaft ignoriert wird.

Junge Welt, 13.6.2018

Spin Doctoring im GDL-Arbeitskampf

Der "Diktator Weselsky" und die große "schmutzige Politik"

Auch während des soeben beendeten neunten Streiks der GDL war wieder eine "Mobilmachung" gegen die GDL zu beobachten. Dass das nicht von ungefähr kommt, sondern von handfesten Interessen herrührt, zeigt ein Blick hinter die Kulissen: Bundesregierung, Deutsche Bahn, die Spitzen der "Großgewerkschaften" IGM und IG BCE und die DGB-Spitze selbst, die EVG und nicht zuletzt die Konzerne und Banken – sie alle hatten und haben ein jeweils eigenes, konkretes Interesse daran, die GDL "totzuverhandeln", in immer neue Streiks und möglichst in eine schwere Niederlage zu treiben. Gleichzeitig agieren die führenden Medien wie gleichgeschaltet. Sei es, weil das der Chefredaktionslinie entspricht. Sei es, weil eine wirksame Opposition im Lande weitgehend fehlt. Oder sei es, weil die Materie vielen Medienleuten einfach zu kompliziert erscheint.

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Kann mir eigentlich mal jemand erklären, wieso die Nahles nichts von dem GdL-Ärger abgekriegt hat?

„Wenn wir mal Revue passieren lassen, wie es zu dieser Streikpanik kam, dann liegt das an Frau Nahles

Die hat das Gesetz gegen die GdL zu verantworten. Das Gesetz ist nicht nur ein offener Verfassungsbruch, es ist auch explizit darauf ausgelegt, die GdL zu marginalisieren. Oder sie unter Zugzwang zu setzen, mehr Streiks zu machen, um am Ende einen besseren Abschluss als die Konkurrenz rauszuholen, um populärer als die Konkurrenz zu werden. Denn das Gesetz sieht vor, dass nur noch der Tarifvertrag der Gewerkschaft mit den meisten Mitgliedern gilt. Damit sind alle anderen Gewerkschaften raus. Die GdL musste jetzt also dringend etwas tun, um populärste und mitgliedsstärkste Gewerkschaft bei der Bahn zu werden.

Und nicht nur war das von Anfang an sonnenklar, das war explizit darauf ausgelegt. Denn die Medien schrieben von Anfang an: Wenn ihr dieses Gesetz macht, dann wird es mehr GdL-Streiks geben. Die haben nicht mal geblinzelt. Die haben das Gesetz gemacht. Daraus folgt, dass sie das so haben wollten.

Wahrscheinlich in der Hoffnung, dass die Bevölkerung dann einen Hass auf die GdL entwickelt. Und ist die Bevölkerung nicht willig, helfen die Hassprediger von "Bild" und co.

Und genau so ist es ja auch gekommen.

Aber für die Geschichtsbücher wollen wir mal festhalten: Dieser Streik war von der Politik gewollt und gesetzlich erzwungen. ...“

[Fefe]

Öffentlich-rechtliche Medien, Neutralitätsgebot und der Eisenbahnerstreik

„Es ist ja wichtig, dass man in Krisenzeiten ein klares Feindbild hat. Ganz Deutschland kennt den Namen des GdL-Chefs. Dafür hat die brutalstmögliche Aufklärungskampagne der Springer-Presse gesorgt.

Aber mal Hand aufs Herz. Wer von euch kennt den Namen des Verhandlungsführers bei der Bahn?

Warum eigentlich nicht?

Der Bahn-Verhandlungsführer heißt Werner Bayreuther.

...

Ein ... Leser merkt noch an:

Werner Bayreuther ist externer Berater der Bahn, Arbeitgeberanwalt und spezialisiert auf das Kleinmachen von Arbeitnehmern. Verhandlungsfuehrer der Bahn ist Ulrich Weber, Personalvorstand der DB AG und DB ML AG.

Dass die Bahn jemanden wie Bayreuther anheuert, sagt schon viel aus.

Wenn man Werner Bayreuther googelt, findet man so Seiten wie diese hier.“

[Fefes Blog]

Update:

Der Spiegel zeigt deutlich, wo und wo er steht.

Update 2:

Update 3: