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»Das ist ein Armutszeugnis für die Politik«

In Nordrhein-Westfalen existiert Rechtsanspruch auf Inklusion in der Schule. Mehr Lehrer gibt es dafür aber nicht. Gespräch mit Udo Beckmann

Ralf Wurzbacher:

Der Verband Bildung und Erziehung, VBE, hat in Nordrhein-Westfalen unter Lehrkräften eine Umfrage zum Stand der Umsetzung der sogenannten Inklusion, also der Regelbeschulung von Kindern mit Behinderung, durchgeführt. Für das Erreichte gab es von den Befragten die Note »mangelhaft«. Woran hakt es im speziellen?

Udo Beckmann:

Defizite bestehen in drei Bereichen: Die personelle Ausstattung der Schulenist absolut unzureichend. Der Umfang an Fortbildungsangeboten ist viel zu gering. Und drittens waren die Maßnahmen sowie die Zeit zur Vorbereitung auf die neue Situation ungenügend. Die Kolleginnen und Kollegen wurden vielfach einfach ins kalte Wasser geworfen.

Ralf Wurzbacher:

Der Rechtsanspruch auf eine gemeinsame Unterrichtung von Kindern mit und ohne Handicap besteht in NRW seit dem Schuljahr 2014/15. Wie gut oder schlecht ist das Konzept personell unterfüttert?

Udo Beckmann:

Es bräuchte ein Vielfaches mehr an sonderpädagogischer Unterstützung. Mangel herrscht in allen Schulformen, besonders gravierend ist die Lage aber bei den Grundschulen, dort gibt es in einem Drittel der Fälle gar keinen Sonderpädagogen. Wenn Inklusion gelingen soll, dann müssen die inklusiven Lernklassen mit einer Regellehrkraft und einer sonderpädagogischen Fachkraft auf Dauer doppelbesetzt sein. Über 90 Prozent der Befragten sehen das so. Nach unseren Berechnungen bedarf es dafür in NRW zusätzlicher 7.000 Stellen.

Ralf Wurzbacher:

Und momentan ist es so, dass in vielen Fällen die »normalen« Lehrer die neuen Aufgaben zu bewältigen haben?

Udo Beckmann:

Genau. Weil in den Jahrgängen eins und zwei kein sonderpädagogischer Bedarf mehr festgestellt wird, müssen alle Grundschulen inklusivpädagogische Angebote bereithalten. Aber in 1.000 Schulen fehlt eben jede Unterstützung, und die Regellehrkräfte sind völlig auf sich allein gestellt. Das ist so, als stellte man einen einfachen Hausarzt an den OP-Tisch und sagte: Nun mach mal. Laut unserer Erhebung verfügen 54 Prozent der inklusiv unterrichtenden Kollegen über keinerlei sonderpädagogische Kenntnisse. Bei nur drei Prozent war Inklusion ein Teil der Lehrerausbildung. Aber trotzdem ist keine Fortbildungsoffensive in Sicht. Für das bestehende Angebot setzte es von den Befragten ein »Mangelhaft«.

Ralf Wurzbacher:

Sie haben vor genau einem Jahr die Ergebnisse einer inhaltsgleichen Erhebung präsentiert. Hat sich in der Zwischenzeit gar nichts zum Besseren verändert?

Udo Beckmann:

Eine signifikante Verbesserung zeigt sich bei keinem der abgefragten Punkte. Natürlich hat die Landesregierung zusätzliches Geld mobilisiert. Aber das reicht eben nicht einmal annähernd, um den Herausforderungen gerecht werden zu können. Zum Beispiel gaben 85 Prozent der Befragten an, dass sie an ihrer Schule Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf unterrichten, nach 80 Prozent im Vorjahr. Trotzdem ist die Klassengröße in der Hälfte der Fälle gleich geblieben. In Einzelfällen haben sich Klassen sogar vergrößert. Das alles ist ein Armutszeugnis für die Politik.

Ralf Wurzbacher:

Stellt sich die Lage im restlichen Bundesgebiet ähnlich dar?

Udo Beckmann:

Belastbare Zahlen liegen uns dazu nicht vor. Aber die Rückmeldungen, die uns aus anderen Bundesländern erreichen, lassen den Schluss zu, dass auch andernorts vieles im argen liegt.

Ralf Wurzbacher:

Die FDP in NRW empfiehlt inzwischen sogar, den Rechtsanspruch auf Regelbeschulung vorläufig auszusetzen. Wie stehen Sie dazu?

Udo Beckmann:

Ich halte es zunächst einmal für juristisch nicht durchsetzbar, weil Deutschland völkerrechtlich zur Umsetzung der Inklusion verpflichtet ist. Abgesehen davon: Wenn etwas schlecht gemacht ist, muss die Devise lauten, es besser zu machen. Die Politik ist deshalb gefordert, einen Plan aufzulegen, mit dem sie nachweist, wie sie die bestehenden Defizite in möglichst kurzer Zeit beseitigen will.

Ralf Wurzbacher:

Aber bringt eine fürs erste schlecht gemachte Inklusion nicht mehr Schaden als Nutzen, sowohl für die Kinder mit als auch die ohne Handicap?

Udo Beckmann:

Die Gefahr besteht ohne Frage, wenn man so weiter macht wie bisher. Deshalbmuss jetzt schleunigst umgesteuert werden.

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via Junge Welt

Das Berufstrainingszentrum (BTZ) Duisburg vor dem Aus?

Jürgen Mickley vom Bürgerfunk-Duisburg interviewte zur geplanten Verlegung des BTZ Duisburg nach Oberhausen: 

- Karl-Heinz Treude, Geschäftsführer BTZ Duisburg; 
- Rolf Limbeck, Leiter der Sozialen Dienste im BTZ; 
- Andreas Faber, stellv. BR-Vorsitzender BTZ Duisburg; 
- Dr. M. Schifferdecker, ä. Direktor, Fliedner-Krhs.; 
- Rainer Bischoff, Landtagsabgeordneter NRW (MdL); 
- Dr. Ralf Krumpholz, Dezernent der Stadt Duisburg, 
Dezernent für Umwelt, Klimaschutz, Gesundheit und Vebraucherschutz