Krieg, Jemen, Waffenlieferung: Es wird wieder rumgeseibert. (Video) [2. Update]

So schafft man Politikverdrossenheit.  Ein Lehrstück aus der Bundespressekonferenz. Bitte beachten Sie auch die Körpersprache.

Update

Hier der Überblick über unsere Waffenexporte 2017


2. Update

Dokumentation: Bundesregierung zu Türkei-Einsatz in Syrien, deutsche Waffen, Rüstungsexport

Augen geradeaus (T.Wiegold) - 24.01.18, 22:05

Ein sehr langer Lesestoff, den ich hier vor allem fürs Archiv als Dokumentation einstelle: Die Aussagen in der Bundespressekonferenz am 24. Januar 2017 zum Thema türkisches Vorgehen gegen Kurden in Syrien, dem möglichen Einsatz deutscher Panzer dabei und – inhaltlich eingebunden, obwohl eigentlich ein anderes Thema – die deutsche Rüstungsexportstatistik.

Auf die Fragen der Journalisten äußern sich der strellvertrende Sprecher des Verteidigungsministeriums, Oberst Holger Neumann; die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer; Außenamtssprecherin Maria Adebahr; Johannes Dimroth vom Bundesinnenministerium; Tanja Alemany vom Bundeswirtschaftsministerium und Katharina Mänz vom Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung:

Frage : Ich möchte von der Bundesregierung zum Ersten wissen, ob sie inzwischen eigene Erkenntnisse über den Einsatz deutscher Waffen in der Türkei hat.

Zum Zweiten wüsste ich gern, ob die Bundesregierung Erkenntnisse darüber hat, dass deutsche Staatsbürger in Syrien gegen die türkischen Truppen mitkämpfen, die dort gegen die Kurden im Einsatz sind. Wissen Sie von Deutschen, die dort aufseiten der Aufständischen gegen die Türkei kämpfen?

Zum Dritten wüsste ich gern, ob die Bundeskanzlerin vorhat, der Forderung zu folgen, eine Regierungserklärung in Sachen Türkei und Verwendung deutscher Waffen in der Türkei für die dortigen Aktionen vorzunehmen.

Neumann: Ich kann wie bereits am Montag gern bestätigen, dass die Bundesrepublik Deutschland in zwei Losen Leopard-1- und Leopard-2-Kampfpanzer an die Türkei geliefert hat. Ich kenne wie Sie natürlich auch die Bilder aus den Medien, in denen auch türkische Kampfpanzer vom Typ Leopard 2A4 zu sehen sind. Ich bitte aber um Verständnis, dass ich als Vertreter des Verteidigungsministeriums nicht zum Einsatz türkischer Kampfpanzer Stellung nehmen kann. Die Fragen nach dem Wann, dem Wo und dem Ziel des Einsatzes dieser Systeme sind Fragen an unsere türkischen Verbündeten.

Adebahr: Ich kann für das Auswärtige Amt vielleicht hinzufügen, dass der deutsche Botschafter Martin Erdmann heute das Gespräch mit dem türkischen Verteidigungsminister zu den Themen, die dort anstehen, suchen wird. Natürlich wird dabei auch die Frage, wie der türkische Einsatz dort ausgestaltet ist, eine Rolle spielen.

Zu der Frage, ob Deutsche an aktuellen Kämpfen dort beteiligt sind, liegen mir keine Erkenntnisse vor. Ich weiß nicht, ob im BMI dazu etwas bekannt ist. Ich müsste das hier von mir aus leider mit „keine Erkenntnisse dazu“ beantworten.

Dimroth: Dazu kann ich leider auch nicht mehr beitragen.

Vorsitzender Feldhoff: Dann bleibt noch die letzte Frage, Frau Demmer.

SRS’in Demmer: Genau. Zu der letzten Frage: Die Bundesregierung kommentiert die Äußerungen aus der Mitte des Parlaments nicht.

Frage : Frau Demmer, glaubt die Bundesregierung denn der türkischen Regierung, dass sie in Afrin den IS bekämpft?

SRS’in Demmer: Vielleicht kann ich noch einmal ganz grundsätzlich sagen, dass die Bundesregierung natürlich die Berichte über die türkische Militärintervention im Bezirk Afrin im Nordwesten Syriens mit großer Sorge verfolgt. Die Bundesregierung hält in Übereinstimmung mit der Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen an der territorialen Integrität Syriens fest. Die Operation gegen kurdische Einheiten darf nicht zu einer Schwächung des gemeinsamen Kampfes gegen die Reste der Terrormiliz IS in Ostsyrien führen. Deshalb ruft die Bundesregierung alle Beteiligten zur Einstellung der Kampfhandlungen auf und fordert bedingungslosen Zugang für humanitäre Hilfe.

Zusatz : Das hat meine Frage nicht beantwortet.

SRS’in Demmer: Ich habe das gesagt, was ich Ihnen auf Ihre Frage gern antworten möchte.

Zusatz : Die Türken behaupten, dass sie den IS bekämpfen. Glaubt die Bundesregierung das auch?

SRS’in Demmer: Ich habe dazu das gesagt, was ich sagen möchte.

Frage: Zum Ersten, auch wenn Sie Bemerkungen aus der Mitte des Parlaments nicht kommentieren wollen: Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses hat gesagt, dass es in dieser Situation überhaupt nicht möglich sein könne, Panzer aus deutscher Produktion jetzt aufzurüsten und zu verstärken, wie das ja wohl im Gespräch zwischen den beiden Außenministern vor zwei, drei Wochen in Rede stand. Nimmt die Bundesregierung jetzt Abstand von einer aktuellen Aufrüstung beziehungsweise Verstärkung dieser Panzer?

Zum Zweiten: Ist für die Bundesregierung die Intervention der Türkei völkerrechtswidrig? Auch das war eine Bemerkung von Herrn Röttgen, der gesagt hat, wer den Einsatz Russlands auf der Krim als völkerrechtswidrig kritisiere, müsse das auch in diesem Fall tun, sonst verliere Deutschland an Glaubwürdigkeit.

Adebahr: Zu der zweiten Frage kann ich, wie bereits Montag ausgeführt, noch einmal sagen, dass die Türkei – das ist erst einmal das, was die Türkei tut – den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen darüber in Kenntnis gesetzt hat, dass sie aus ihrer Sicht Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen, nämlich aus ihrer Sicht ein Selbstverteidigungsrecht gegen terroristische Angriffe aus dem Gebiet dort, in Anspruch nimmt.

Ich kann vielleicht auch noch einmal grundsätzlich darlegen, dass eine völkerrechtliche Bewertung immer erst dann abschließend vorgenommen werden kann, wenn man alle genauen Umstände kennt. Denn das Völkerrecht ist ein Recht, das mit allgemeinen Rechtsbegriffen wie der Verhältnismäßigkeit usw. argumentiert. Das Völkerrecht ist ein Recht, das Begriffe wie die effektive Staatsgewalt, das Operieren terroristischer Organisationen und Anschläge, die zu solchen Dingen führen können, in die Betrachtung einbeziehen muss. Insofern ist es nur dann möglich, eine völkerrechtliche Bewertung abzugeben, wenn man alle Umstände genau kennt und dann eine Abwägung treffen kann. Ich denke, das ist in dieser fluiden Situation, die wir jetzt sehen, im Moment einfach nicht der Fall.

Es ist auch so – darauf möchte ich auch noch einmal hinweisen -, dass auch diese Frage natürlich im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen besprochen wird, das ganze Vorgehen der Türkei in Syrien im Moment – diese Beratung unterstützen wir -, und dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen das wichtige völkerrechtliche Gremium ist, um eventuell auch zu einer Einschätzung dieser Lage zu kommen.

Vorsitzender Feldhoff: Bei der anderen Frage ist, denke ich, das Wirtschaftsministerium federführend, aber auch der Außenminister, der sich dazu ja eingemischt hat.

Adebahr: Ich kann dazu vielleicht allgemein sagen – das wird Frau Alemany sicherlich noch weiter ausführen -, dass die Prüfung von Anträgen – in diesem Falle sprachen Sie die Schutzausrüstung von Gerätschaften an – in einem rechtlichen Verfahren abläuft, über das wir hier oft gesprochen haben und das sich in der Bundesregierung in verschiedenen Schritten nach den Grundsätzen der Rüstungskontrolle und unserer Exportgrundsätze vollzieht.

Natürlich fließen in eine Prüfung, die sich in dem rechtlichen Rahmen vollzieht, immer aktuelle politische und sicherheitspolitische Erwägungen ein. Dies ist auch – dessen können Sie sicher sein – bei der Türkei der Fall. Insofern würden mögliche Anträge auch im Lichte aktueller Entwicklungen zu beurteilen sein und müssen und werden aktuelle Entwicklungen in eine mögliche Bewertung und spätere Entscheidung der Bundesregierung einfließen.

Vorsitzender Feldhoff: Will das Wirtschaftsministerium noch etwas ergänzen?

Alemany: Ich kann das nur voll und ganz unterstützen. Wie Sie wissen – das hatten wir hier auch schon mehrere Male besprochen -, sind die Genehmigungen auch für die Türkei seit dem versuchten Putsch rückläufig. Ich kann vielleicht die neuen, vorläufigen Zahlen zur Türkei erwähnen. Im Jahr 2016 hatten wir noch einen Genehmigungswert von 83,9 Millionen Euro. Im Jahr 2017 ging er auf nur noch 34,2 Millionen Euro zurück. Das sind somit 50 Millionen Euro weniger als im Vorjahr.

Zusatzfrage: Noch einmal zur Frage des Völkerrechts: Hat die Bundesregierung eigene Erkenntnisse darüber, ob es sich bei dem Einsatz um ein völkerrechtskonformes Vorgehen der türkischen Regierung handeln könnte?

Adebahr: Das ist die gleiche Frage andersherum gestellt. Meine Antwort ist aus den dargelegten Gründen, dass es im Moment nicht möglich ist, eine völkerrechtliche Bewertung abzugeben.

Zusatzfrage: Heißt das, dass Sie auch keine eigenen Erkenntnisse darüber haben, dass dieser Einsatz völkerrechtskonform sein könnte?

Adebahr: Für eine rechtliche Bewertung braucht man ein umfassendes Bild und die Kenntnis aller Umstände, um eben die ausfüllungsbedürftigen Rechtsbegriffe des Völkerrechts ausfüllen zu können. Das ist im Moment aus Sicht der Bundesregierung nicht der Fall.

Frage: Frau Adebahr, ich würde gern noch einmal auf das Treffen des Außenministers mit Herrn Çavuşoğlu vor zwei Wochen in Goslar zu sprechen kommen. Hat die türkische Seite damals angedeutet, dass ein Einsatz in Nordsyrien bevorstehen würde? Wenn nicht, empfindet der Außenminister es vielleicht als Affront, dass nur wenige Tage später deutsche Waffen in solcher Massivität zum Einsatz kommen?

Adebahr: Das Gespräch beider Außenminister war ein Vier-Augen-Gespräch. Ich kann keine Auskunft darüber geben, was konkret dort gesprochen wurde. Ich habe darüber, dass der türkische Außenminister ein solches Vorgehen angedeutet haben könnte, keine Erkenntnisse. Sie können die Äußerungen, die beide Minister danach getätigt haben, nachlesen und dort sehen: Dieses Treffen vor 14 Tagen drehte sich primär um das deutsch-türkische Verhältnis und um die Brocken und die schwierigen Themen, die wir dabei bilateral zu besprechen haben. Das war der Hauptkern dieses Treffens vor mittlerweile drei Wochen.

Zusatz: Das ist ja genau der Grund, warum ich frage. Jetzt liegt ja der nächste Brocken im Raum, dass deutsche Waffen zum Einsatz kommen.

Adebahr: Wie gesagt, zur Frage, wie sich das deutsch-türkische Verhältnis gestaltet, haben wir hier allgemein oft gesprochen. Zur Frage, wie sich eine mögliche Prüfung von Entscheidungen über Rüstungsexporte in der Bundesregierung und in den konkreten, engen rechtlichen Grenzen vollzieht, habe ich gerade auch schon ausgeführt.

Frage: Ich möchte zur Einordnung fragen: Wie bewertet die Bundesregierung die YPG?

Adebahr: Ich kann auch keine rechtliche Bewertung zur YPG abgeben. Ich weiß nicht, ob das Verteidigungsministerium eine Bewertung dazu hat. Die Berichte über Verbindungen zur PKK nehmen wir zur Kenntnis. Wir nehmen die gesamte schwierige Gemengelage, die sich dort in Nordsyrien darbietet, zur Kenntnis. Ich kann Ihnen hier jetzt keine rechtliche Bewertung dieser Gruppierung anbieten.

Vorsitzender Feldhoff: Herr Neumann, können Sie etwas ergänzen?

Neumann: Nein. Das Gleiche trifft auf das BMVg zu.

Zusatzfrage: Kann man die Verbindungen zur PKK völlig ausblenden?

Adebahr: Das ist eine sehr allgemeine Frage. Ich weiß nicht, ob die sich eher an die Türkei richten sollte. Die türkische Argumentation sehen Sie natürlich auch. Diese Frage lässt sich von mir auch für Deutschland, für das Auswärtige Amt, jetzt nicht in dieser Allgemeinheit beantworten.

Zusatz: Die Frage ist ja: Die Türkei bekämpft ja die YPG. Deshalb erfolgen diese Angriffe. Deshalb diese Frage.

Adebahr: Ich denke, ich habe zur völkerrechtlichen Einordnung schon das mir Mögliche gesagt und auch noch einmal darauf verwiesen, was die Türkei dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen dazu gesagt hat. Dem habe ich im Moment nichts hinzuzufügen.

Frage : Ich bräuchte noch einmal Nachhilfe. Wenn einem Staat deutsche Waffenexporte genehmigt werden und er diese Waffen nicht den Grundsätzen der deutschen Politik entsprechend verwendet, gibt es dann überhaupt Ansatzpunkte für die Bundesregierung, gegenüber diesem Staat zu handeln, oder beschränkt sich die Möglichkeit allein darauf, in zukünftigen Verfahren Konsequenzen zu ziehen?

Alemany: Ganz allgemein – das gilt, wie gesagt, nicht für ein spezielles Land und nicht speziell für das Land, über das wir jetzt gerade gesprochen haben – kann ich Ihnen dazu sagen: Wenn es normale Rüstungsgenehmigungen sind, dann haben wir, wie Sie wissen, in Deutschland ein sehr restriktives Rüstungsexportkontrollregime, eines der striktesten weltweit, das ein sehr engmaschiges Kontrollnetz spannt. Das heißt, nach der Antragstellung beugen sich die gesamte Bundesregierung und die gesamten BSR-Ressorts über den Einzelfall, prüfen umfassend, holen alle Informationen ein, die ihnen möglich sind, gewichten dann im Lichte der aktuellen Situation vor Ort und genehmigen gegebenenfalls. Dazu kommt eine Endverbleibserklärung, die das Empfängerland, eine Empfängerregierung, uns geben muss. Darin steht dann, zu welchem Verwendungszweck dieses Rüstungsgut verwendet werden darf. Sollten wir Informationen erhalten oder Zweifel daran haben, dass es nach diesem Verwendungszweck verwendet wird, dann können wir natürlich zum Beispiel für die Zukunft keine Genehmigungen mehr für dieses Land oder für diesen Empfänger aussprechen, weil er nicht mehr vertrauenswürdig ist.

Frage : Frau Alemany, zu welchem Verwendungszweck darf der Leopard-2-Panzer der Türkei verwendet werden?

Alemany: Dazu müsste ich an den Kollegen des Verteidigungsministeriums abgeben.

Neumann: Das übernehme ich gern. Die Auslieferung der Leopard-2-Panzer in den Jahren von 2006 bis 2011 war an die Abgaberegelung gebunden, dass diese Panzer nur mit schriftlicher Zustimmung der Bundesregierung an Dritte zur Nutzung überlassen werden dürfen.

Zusatzfrage : Aber dürfen die Türken selbst damit machen, was sie wollen?

Neumann: Es geht nur um den Weiterverkauf oder die Weitergabe an Dritte.

Zusatzfrage : Alles klar. – Frau Demmer, da ich von der Bundesregierung bisher keine Verurteilung des militärischen Angriffs der Türkei gehört habe: Distanziert sich die Bundesregierung denn von diesem Angriff?

SRS’in Demmer: Es steht Ihnen frei, meine Worte zu interpretieren. Ich teile die Analyse, die Sie gerade vorgetragen haben, nicht. Ich kann mich nur noch einmal wiederholen, dass die Bundesregierung diese Militärintervention im Nordwesten Syriens mit großer Sorge betrachtet. Es gibt legitime türkische Sicherheitsbelange an der Grenze zu Syrien. Die Kampfhandlungen führen allerdings dazu, dass erneut Menschen fliehen müssen, manche von ihnen zum wiederholten Mal. Deshalb rufen wir alle beteiligten dazu auf, die Kampfhandlungen einzustellen und humanitären Zugang zu gewähren.

Zusatzfrage : Können Sie mir einmal ausführlich erläutern, welche legitimen Sicherheitsbelange der Türkei Sie sehen?

SRS’in Demmer: Ich denke, wir haben sie hier oft genug ausgeführt, sonst – – –

Zuruf : Nein!

SRS’in Demmer: – – könnte vielleicht Frau Adebahr noch unterstützen.

Zuruf : Da muss es ja eine Menge geben!

Adebahr: Die Türkei war wiederholt im Kampf gegen den IS Ziel von Anschlägen, auch von terroristischen Anschlägen aus Nordsyrien heraus. Diese terroristische Gefahr – das teilt die Türkei mit – ist der Grund, weshalb sie sagt, sie nimmt ihr Recht aus Artikel 51 auf Selbstverteidigung wahr. Das sind terroristische Anschläge aus dem Gebiet Nordsyriens auf die Türkei, auch vom IS in der Türkei selbst. Das gibt die Türkei als terroristische Gefahr, die sie dort bekämpft, an.

Frage : Ich möchte eine Frage an Herrn Neumann und auch an Frau Adebahr präzisieren. Sie erwecken hier den Eindruck, dass die Bundesregierung doch ziemlich im Nebel herumstochert. Herr Neumann sagt auf die Frage, wo und wann diese Leopard-2-Panzer eingesetzt werden, das wisse man nicht, das sei eine Frage, die an die türkischen Verbündeten gehe. Frau Adebahr sagt, für eine völkerrechtliche Bewertung müsse man erst alle Umstände kennen, dann könne man sich ein Urteil bilden und möglicherweise auch sagen, ob man das verurteile. Bisher beobachtet man das ja nur mit großer Sorge, wie ich vernehme.

Deshalb die Frage: Unternehmen Sie – in welchem Ministerium auch immer – aktiv etwas, um zu einer abschließenden Beurteilung zu kommen, damit Sie dann sagen können, ob das völkerrechtswidrig ist oder nicht? Wenn ja, wie lange könnte das dauern? Bis der Einsatz der Türkei in Nordsyrien vorbei ist, oder wie lange wird das dauern?

Neumann: Zu Ihrer Frage hat Frau Adebahr ja gerade Stellung genommen, die Entsendung des Botschafters – so wie ich es verstanden habe.

Zusatzfrage : Das ist alles?

Neumann: Ich kann nur noch einmal wiederholen: Die Fragen, die Sie alle stellen und die ja durchaus legitim und interessant sind, richten sich an die türkische Regierung. Der Einsatz von Waffensystemen wird von dort aus angeordnet. Ich bin nicht in der Lage und auch nicht willens, dies von hier aus zu kommentieren.

Zusatz : Es wäre ja vielleicht interessant, zu erfahren, ob die Bundesregierung diesen Einsatz für völkerrechtswidrig hält oder nicht. Wenn Sie sagen: „Wir kennen noch nicht alle Umstände, um zu einer Bewertung zu kommen“, dann ist ja wohl die Frage legitim, ob Sie etwas tun, damit Sie irgendwann einmal zu einem Urteil kommen und sagen können: „Ja, es ist in Ordnung“ oder „Nein, es ist nicht in Ordnung“.

Neumann: Das hat das Auswärtige Amt ja gerade beschrieben.

Frage: Herr Neumann, Sie haben eben ausgeführt, dass die Genehmigung der Leopard-2-Exporte 2005 nur mit der Conditio verbunden war, dass sie nur mit deutscher Zustimmung weiterverkauft werden dürfen. Ist meine Erinnerung richtig, dass dies weniger Einschränkungen oder Restriktionen waren als bei der Lieferung der Leopard-1-Generation? Ich meine, es war doch schriftlich festgelegt, dass sie nur im Rahmen von – so meine ich – Artikel 5 des Nato-Vertrags eingesetzt werden dürften. Ist es also richtig, dass die jüngeren Leos mit weniger Einschränkungen verkauft worden sind? Das ist Frage eins.

Dann habe ich noch eine Frage an Frau Demmer. Erwägt die Bundeskanzlerin, eine Regierungserklärung zur Türkeipolitik abzugeben, da sich im Moment ja zeigt, wie schwierig die Gemengelage insgesamt ist, und Forderungen erhoben werden, dass sie sich in einer Regierungserklärung dazu äußern möge?

SRS’in Demmer: Das kann ich ganz kurz machen: Dazu kann ich Ihnen hier derzeit nichts mitteilen.

Neumann: Zu Ihrer ersten Frage: Die Kurzantwort wäre: Ja. Das alles können Sie in der Bundestagsdrucksache 18/831 nachlesen. Es geht um die Antwort auf Frage 10. Ich habe sie gerade zitiert mit den Auflagen, dass die Weitergabe der Zustimmung der Bundesregierung unterliegt.

Bei den Leopard-1-Panzern war es in der Tat so, dass es die Nutzungseinschränkung gab, dass sie ausschließlich in Übereinstimmung mit Artikel 5 des Nato-Vertrages eingesetzt werden können.

Zusatzfrage: Ist es aus Sicht der Bundesregierung ein Fehler gewesen, die neuere Lieferung mit geringeren Auflagen zur Verwendung zu verbinden?

Neumann: Die Bindung an Artikel 5 des Nato-Vertrages geschah im Rahmen der sogenannten Nato-Verteidigungshilfe für die Türkei und war beziehungsweise ist bei Materialabgaben an andere Länder nicht üblich. Diese Verteidigungshilfe lief am 31. Dezember 1994 aus, was diese Regelung dann obsolet machte.

Frage: Laut verschiedenen Berichten sind rund 5000 Menschen in der Provinz Afrin vor den Kämpfen geflohen. Ich habe eine Frage an die Bundesregierung ganz allgemein. Ist ein Stopp von Waffenlieferungen aus Ihrer Sicht auch ein Teil des Kampfes gegen Fluchtursachen?

Vorsitzender Feldhoff: Wer fühlt sich zuständig?

Zusatz: Frau Demmer?

SRS’in Demmer: Ich muss kurz darüber nachdenken. – Wir betrachten bei allen Rüstungsexporten die Einzelfälle. Wir haben hier jetzt und in den vergangenen Wochen immer wieder darüber Auskunft gegeben, wie restriktiv wir das handhaben. Gerade das aktuelle Thema führt dazu, dass wir sämtliche Anfragen im Lichte der aktuellen Entwicklungen beurteilen. Die Fluchtursachenbekämpfung, die die Bundesregierung sehr, sehr ernst nimmt, ist sicherlich vielschichtiger als von Ihnen jetzt insinuiert.

Zusatz: Deswegen habe ich gefragt. Denn die Bundeskanzlerin spricht sehr oft über den Kampf gegen Fluchtursachen. Wenn wir jetzt hören, dass die Menschen auch vor den Waffen fliehen, dann könnte es auch ein Teil ihrer Strategie sein, diese Waffen nicht in die spezifischen Regionen zu liefern.

SRS’in Demmer: Wie gesagt, wir betrachten sämtliche Anfragen besonders kritisch im Lichte der aktuellen Entwicklungen. Ganz grundsätzlich – ich weiß nicht, ob Sie mir eben zugehört haben – fordern wir ja auch alle Beteiligten zur Einstellung sämtlicher Kampfhandlungen auf.

Frage: Ich möchte den Blick hierher nach Deutschland richten. In den letzten Tagen gab es sehr viele Angriffe auf türkische Einrichtungen beziehungsweise auf Moscheen. Was tun die Sicherheitsbehörden, damit diese Einrichtungen geschützt werden?

Dimroth: Die Frage richtet sich natürlich zuvörderst an die zuständigen Behörden und Autoritäten in den Bundesländern. Wie Sie wissen, sind in der Bundesrepublik Deutschland für den Schutz jeglicher Einrichtungen vor entsprechenden Straftaten die Bundesländer zuständig. Insofern kann ich zu Ihrer konkreten Frage relativ wenig beitragen.

Richtig ist aber, dass wir im Zusammenhang mit den Ereignissen ein erhöhtes Demonstrations- und Versammlungsaufkommen feststellen, auch immer wieder verbunden mit versammlungstypischen Straftaten, das ist richtig. Bisher hält sich das allerdings noch weitestgehend im Rahmen. Ich kann Ihre Frage auch noch einmal dazu nutzen, um an alle zu appellieren, dass es in Deutschland eine Selbstverständlichkeit ist, seine Meinung zu artikulieren, auch im Rahmen von Versammlungen und Demonstrationen, dass es aber bitte eine genauso klar feststehende Selbstverständlichkeit sein sollte, das im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben zu tun, also insbesondere gewaltfrei gegenüber jedermann.

Zusatz: Es geht ja darum, dass die Angriffe auf die Moscheen nicht aus den Demonstrationen kommen, sondern nachts passiert sind. Zweitens gibt es auf den Internetseiten entsprechender Organisationen Aufrufe, dass die Angriffsziele die türkischen Einrichtungen sind.

Dimroth: Noch einmal: Für den konkreten Schutz von Einrichtungen, sei es innerhalb eines Demonstrationsgeschehens oder sei es auch außerhalb eines Demonstrationsgeschehens, ist nach der föderalen Grundordnung in Deutschland nicht der Bund, sondern sind die Länder und die entsprechenden Länderpolizeien zuständig. Ich habe keinen Anlass, davon auszugehen, dass, sollten entsprechende Informationen vorliegen, diese von den Länderbehörden nicht entsprechend sensibel gewürdigt und dann auch für ein mögliches Einsatzgeschehen zugrunde gelegt werden. Ich kann das aber von hier aus nicht kommentieren, weil, noch einmal, dafür schlicht die Zuständigkeit der Bundesbehörden fehlt.

Frage : Frau Demmer, sieht die Bundesregierung den Angriff als Fluchtursache an?

SRS’in Demmer: Das habe ich doch gerade beantwortet.

Zuruf : Das ist etwas anderes. Nein, das war eine andere Frage.

SRS’in Demmer: Selbstverständlich sind Kriege grundsätzlich Fluchtursachen. Das betrachte ich deswegen schon wieder als rhetorische Frage.

Zusatzfrage : Aber rechnet die Bundesregierung mit Fluchtbewegungen aus diesen Gebieten gen Europa, gen Deutschland, weil die Menschen ja wahrscheinlich nicht in der Türkei unterkommen werden?

SRS’in Demmer: Ich kann Ihnen dazu jetzt nichts Genaues sagen. Aber es gibt natürlich grundsätzlich Flüchtlinge aus Syrien in Deutschland; das ist auch Ihnen bekannt. Wie gesagt: Wir rufen ja auch deshalb – das habe ich gerade ganz explizit ausgeführt – alle Beteiligten zum Beenden der Kampfhandlungen auf.

Zusatz : Aber das hört sich halt so an, als ob alle Beteiligten schuld an den Kampfhandlungen sind.

SRS’in Demmer: Das ist Ihre Interpretation, die ich so nicht teile.

Zusatzfrage : Wer hat denn Schuld an den Kampfhandlungen?

Vorsitzender Feldhoff: Es wird langsam zu einer Diskussion!

SRS’in Demmer: In der Tat.

Frage: Frau Demmer, Sie haben gerade ausgeführt, dass die Bundesregierung mit Rüstungsexporten sehr restriktiv sei und Anfragen kritisch betrachte. Wie passt das mit den Zahlen bezüglich der Rüstungsexporte für das Jahr 2017 und damit zusammen, dass es noch nie so viele Rüstungsexporte in Spannungsgebiete gab?

An das Wirtschaftsministerium: Wie erklärt man sich das mit den Aussagen vom ehemaligen Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel, der ja gesagt hat, dass man da deutlich zurückschrauben wolle?

An das AA: Was sagt der heutige Außenminister Sigmar Gabriel dazu?

Alemany: Vielleicht darf ich ein bisschen ausholen und etwas über unsere Rüstungsexportkontrolle erzählen. Ja, Fakt ist: Deutschland liefert Rüstungsgüter. Fakt ist auch: Deutschland hat eines der weltweit restriktivsten und auch strengsten Kontrollsysteme. Wir prüfen engmaschig. Wir erwägen bei unseren Genehmigungen außen- und sicherheitspolitische Gesichtspunkte, nicht wirtschaftspolitische oder arbeitsmarktpolitische Gesichtspunkte. Alle BSR-Ressorts samt Kanzleramt machen sich die Aufgabe nicht leicht. Wir prüfen im Einzelfall umfassend und, wie ich vorhin schon erwähnt habe, im Rahmen aller Informationen, die uns auch durch die Dienste zur Verfügung stehen. Ich glaube, ich kann sagen, dass wir umfassend und umsichtig jeden Einzelfall prüfen.

Unsere Entscheidungen sind zudem auch sehr transparent, anders als in vielen anderen Ländern. Wie Sie wissen, gibt es nicht nur einen jährlichen Rüstungsexportbericht, sondern zwei Rüstungsexportberichte, also auch einen Zwischenrüstungsexportbericht, sodass auch die Öffentlichkeit schon im Halbjahr, also näher an der aktuellen Genehmigung, weiß, was die Bundesregierung genehmigt hat. Darüber hinaus gibt es noch BSR-Entscheidungen der BSR-Ressorts, die auch ganz zeitnah gegenüber dem Parlament öffentlich gemacht werden, damit auch die Parlamentarier und der Bundestag immer zeitnah wissen, was die Bundesregierung entscheidet und genehmigt.

Wir sind im Übrigen auch das einzige EU-Land, das Post-Shipment-Kontrollen eingeführt hat, also nachschaut, ob die Produkte, die wir liefern, auch dort sind, wo wir sie gemäß der Endverbleibserklärung erwarten. Bislang haben wir schon – das ist ja, wie Sie wissen, ein Pilotverfahren, das schrittweise eingeführt wurde – in Indien und in den VAE Stichproben durchgeführt, und die haben alle keinerlei Beanstandungen ergeben.

Dann muss man sagen, dass in Bezug auf Rüstungszahlen auch zur Wahrheit gehört, dass die über die Jahre hinweg schwanken. Sie sind aber in der Tendenz rückläufig. So betrug im Jahr 2015 das Volumen der Genehmigungen zum Beispiel 7,86 Milliarden Euro. Im abgelaufenen Jahr 2017, für das wir allerdings erst einmal vorläufige Zahlen vorliegen haben – der Jahresrüstungsbericht wird noch vor der Sommerpause kommen -, waren es nur noch 6,24 Milliarden Euro.

Fakt ist auch, dass einzelne Großaufträge die gesamte Jahresstatistik in die Höhe treiben können. Ein Beispiel aus dem Jahr 2015, dem Jahr mit dieser hohen Zahl von Rüstungsexportgenehmigungen in Höhe von 7,86 Milliarden Euro: Wenn wir uns anschauen, was da genehmigt wurde, dann sehen wir, dass ein großer Teil dieser Genehmigungen auf vier Tankflugzeuge für England zurückgeht. Die haben mehr als 1 Milliarde Euro ausgemacht. Es ging auch um Panzer für Katar – das waren 1,6 Milliarden Euro -, deren Ursprungsgenehmigung zum Beispiel schon aus der letzten Legislaturperiode herrührt, also von 2013. Außerdem ging es um ein U-Boot für Israel, das schon 2006 genehmigt wurde.

Das bringt mich schon zum nächsten Punkt: Rüstungsprojekte sind langwierige Projekte. Dabei liegen also zwischen der Herstellungsgenehmigung und der Ausfuhr oft mehrere Jahre. Das kann sogar über mehrere Legislaturperioden hinausgehen. Ein Beispiel war das U-Boot für Israel, dessen Export 2006 genehmigt wurde und das 2014 ausgeliefert wurde, oder, wie gesagt, die Lieferungen nach Katar. Ein Großteil dieser jetzigen Zahlen für 2017 geht auch schon auf solche Großaufträge gegenüber Vorgängerregierungen zurück.

Für 2017 kann ich Ihnen auch noch ein Beispiel nennen, weil in der heutigen Berichterstattung gerade die Drittländer zusammengerechnet wurden: Allein eine Fregatte für Algerien macht ein Fünftel des Drittlandwertes bezüglich der Zahlen für 2017 aus. Wenn dann noch ein U-Boot für Ägypten hinzukommt, ist man schon bei Mengen, die ganz viel erklären.

Als Letztes möchte ich noch hinzufügen: Man muss sich auch einmal anschauen, was wir genau liefern. Das läuft immer unter „Waffen“. Der Oberbegriff lautet ja „Waffen und sonstige Rüstungsgüter“. Das heißt, wir liefern nicht nur U-Boote oder Panzer, sondern darunter sind auch ganz viele Dinge wie zum Beispiel Minenräumgeräte zum Schutz von Zivilisten oder Sicherheitsglas für Botschaften, um die vor Anschlägen zu schützen. Ein weiteres Beispiel: Wenn man eine Tarnlackierung an einem Auto anbringt, wird das schon alleine dadurch zu einem militärischen Fahrzeug und kommt in unsere Rüstungsgenehmigungen hinein. Da gibt es ganz viele Produktkategorien, die zum Beispiel nichts mit großen Panzern zu tun haben. Das gehört alles zur Wahrheit dazu.

Als letzter Satz: Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass die Zahl der Jahresgenehmigungen zurückgegangen ist.

Adebahr: Der Bundesaußenminister steht voll und ganz zu den sehr restriktiven Exportvorschriften, die Frau Alemany gerade vollumfänglich dargelegt hat. Sie hat darauf hingewiesen, dass die jährlichen Zahlen sinken. Sie hat darauf hingewiesen, dass man eben genau schauen muss, was es für Güter sind, die geliefert werden, und zu welchem Zweck sie geliefert werden. Sie hat auch darauf hingewiesen, dass Rüstungsexporte oder Güterexporte zum Teil eben einen sehr, sehr langen Vorlauf haben und durch Entscheidungen von Vorgängerregierungen und deren Genehmigungen entstanden sind. Das sind alles Dinge, die bei dieser Frage in ein Gesamtbild einfließen. Der Bundesaußenminister steht wie alle anderen Ressorts, die damit zu tun haben, selbstverständlich genau hinter dieser restriktiven Exportpolitik, die die Bundesregierung sich auferlegt hat.

Frage: Frau Alemany, Sie haben ja jetzt noch einmal die restriktive Rüstungsexportpolitik ausgeführt. Ein Kriterium dieser politischen Grundsätze ist ja auch der Erhalt von Frieden, Sicherheit und Stabilität in der Region. Jetzt sehen wir die Leopard-2-Panzer im Norden von Syrien im Einsatz. Ich bekomme das nicht miteinander zusammen. Das scheint doch sehr deutlich zu dokumentieren, dass diese politischen Grundsätze dieser restriktiven Rüstungsexportpolitik gescheitert sind, oder?

Alemany: Nein, Ihrer Schlussfolgerung kann ich mich natürlich nicht anschließen.

Wie gesagt, zu Leopard-Panzern kann ich jetzt selbst nichts sagen, weil das Bundeswehrabgaben sind. Aber auch da gilt, dass Sie sehen müssen: Wir schauen bei der Genehmigung immer, wie die aktuelle Lage vor Ort ist. Wie sind die Entwicklungen? Deswegen führen wir ja, was zum Beispiel die Türkei angeht, seit dem Putschversuch und seit den Vorgängen in der Türkei – jetzt natürlich vermehrt – eine sehr, sehr ernsthafte und restriktive Genehmigungsprüfung durch.

Die Situationen vor Ort und die Kriege ändern sich ja mit den Jahren. Wenn Sie einfach als Beispiel ein Produkt herausgreifen, für das zwischen Herstellung und Ausfuhr mehr als acht Jahre liegen, dann kann sich die Lage vor Ort natürlich schon ändern. Es gibt gewisse Regelungen dafür, was man da machen kann. Es gibt aber auch gewisse Rechtssicherheiten für die Firmen, die solche Produkte produzieren. Dass das einfach ist, sagt kein Mensch. Was aber stimmt, ist, dass die Bundesregierung sehr ernsthaft versucht, verantwortungsvoll und restriktiv damit umzugehen. Mehr als dann auch jedem gegenüber transparent zu erläutern, wie wann was genehmigt wurde, kann man nicht tun.

Die Schlüsse, die Sie daraus ziehen, müssen Sie selbst ziehen. Die Bundesregierung versucht jedenfalls, damit sehr verantwortungsvoll umzugehen.

Zusatzfrage: Welche guten Gründe gibt es eigentlich für Rüstungsexporte?

Alemany: Eine Grundsatzdebatte darüber, ob Rüstungsexporte gut oder schlecht sind, kann ich mit Ihnen nicht führen. Deswegen hatte ich meinen Eingangssatz nicht umsonst gewählt: Deutschland exportiert Rüstungsgüter.

Frage : Ich möchte noch einmal die Frage des Kollegen Geers nach der völkerrechtlichen Bewertung aufgreifen, weil ich es immer noch nicht verstanden habe, Frau Adebahr: Hat Ihr Haus die Expertise, eine solche völkerrechtliche Bewertung vorzunehmen? Läuft diese Prüfung? Wenn sie läuft, wie lange dauert sie?

Adebahr: Ich verweise auf das, was ich vorhin gesagt habe, nämlich dass es für eine völkerrechtliche Einordnung nötig ist, ein umfassendes Bild des Vorgangs zu haben, um eine rechtliche Prüfung, die im Völkerrecht mit sehr vielen unbestimmten Rechtsbegriffen arbeitet, ausfüllen zu können. Das ist auch die Einschätzung aus der Rechtsabteilung unseres Hauses. Eine spekulative Frage dazu, ob ich Ihnen Freitag oder nächste Woche eine andere Antwort geben kann, kann ich heute nicht beantworten.

Zusatzfrage : Habe ich das richtig verstanden, dass eine Prüfung noch nicht läuft, weil sie noch nicht genügend Erkenntnisse haben? Ist das jetzt das Fazit?

Adebahr: Ich verweise auf das, was ich gerade gesagt habe.

Zusatz : Nein, Entschuldigung; es geht doch nur eines! Entweder haben Sie genügend Erkenntnisse, und Sie sagten gerade, Sie hätten die nicht, also laufe die Prüfung noch nicht, oder – – – Sonst ergibt es doch keinen Sinn!

Adebahr: Eine Prüfung im Sinne dessen, dass wir das in diese völkerrechtliche Kategorie einordnen, kann man eben erst dann tatsächlich vornehmen, wenn man – ich glaube, da war ich doch ganz klar – eine umfassende und genaue Kenntnis aller Umstände hat, die darin einfließen müssten.

Frage: Eine Nachbemerkung: Da das Beispiel der Krim ja aber gezeigt hat, dass eine solche Bewertung aus der Ferne irgendwann möglich ist, kann man davon ausgehen, dass die Bundesregierung irgendwann auch zu einer völkerrechtlichen Bewertung in der Lage sein wird. Richtig?

Adebahr: Das ist eine sehr spekulative Zukunftsfrage, die ich – – –

Zusatz: Es wäre aber schön, wenn Sie sie mit Ja beantworten könnten, weil Sie, wenn Sie das nicht mit Ja beantworten können, sagen: Wir werden vielleicht nie in der Lage sein, das völkerrechtlich zu bewerten. Das geht doch nicht!

Adebahr: Das ist jetzt eine Unterstellung. – Sie mögen Ihre Schlüsse daraus ziehen. Ich antworte für den heutigen Stand in diesem Moment.

Zusatzfrage: Meine eigentliche Frage geht an Herrn Dimroth, und jetzt geht es mehr um geistige Munition: Hat das BMI eigene Erkenntnisse, die Berichte unterstützen würden, denen zufolge aus den Reihen von DITIB-Imamen aktiv in Richtung einer Unterstützung der Intervention oder des Waffeneinsatzes in Nordsyrien gepredigt wurde? Falls ja, besteht da irgendein Ansatz zum Handeln, oder nehmen Sie das nur zur Kenntnis?

Dimroth: Vielen Dank für die Frage. – Ganz grundsätzlich kann ich Ihnen jedenfalls sagen, dass wir unter anderem im Rahmen des Dialogs der Deutschen Islam Konferenz, aber auch auf anderen Ebenen, ja auch mit Vertretern von DITIB in Kontakt stehen. Das ist bekannt, und das ist aus unserer Sicht auch bei allen Schwierigkeiten, die in bestimmten, einzelnen Fragestellungen dann vielleicht zutage gefördert werden, richtig. Es ist immer besser, miteinander als übereinander zu reden. Teil dieser Gespräche ist natürlich auch die immer wiederkehrende Fragestellung, ob und inwieweit sich DITIB sozusagen autonom von Vorgaben der türkischen Regierung verhält und ob und inwieweit möglicherweise Vorgaben von dort dann auch tatsächlich hier zu entsprechendem Handeln führen. Darüber gibt es einen fortgesetzten Dialog, in dem wir versuchen, unsere Sicht der Dinge zu artikulieren, die immer wieder versucht, sozusagen klarzumachen, dass wir ein großes Interesse daran haben, dass DITIB möglichst selbstständig agiert.

Zu Ihrer konkreten Frage, ob wir belastbare Erkenntnisse dazu haben, ob das Gegenstand von Gebetsgeschehen in Moscheen war, möglicherweise auch von Ankara gesteuert, kann ich Ihnen hier leider nichts mitteilen.

Zusatzfrage: Können Sie nichts mitteilen, oder sagen Sie, dass Sie keine – – –

Dimroth: Ich habe darüber keine belastbaren Erkenntnisse.

Frage : Frau Demmer, ich habe nur einmal wieder eine Definitionsfrage. Wenn Sie in Sachen Rüstungsexporte immer von „restriktiv“ sprechen, was heißt denn dann restriktiv? Im Duden steht etwas von „streng einschränkend“. Jetzt sehen wir immer neue Rekordzahlen. Haben Sie eine neue Definition von restriktiv?

Ich würde gerne vom Entwicklungsministerium eine Stellungnahme zu diesen neuen Rekordzahlen hören. Herr Müller äußert sich auch gerne zu diesen Rüstungsexporten.

SRS’in Demmer: Frau Alemany hat jetzt ja deutlich zum Ausdruck zu bringen versucht, dass eine pauschale Beurteilung, wie Sie sie gerade vornehmen –

Zusatz : Ich will nur eine Definition.

SRS’in Demmer: – „Rekordzahlen“, darauf würde ich schon gern noch eingehen -, kein taugliches Mittel ist, um die Restriktivität unserer Rüstungsexportpolitik zu beurteilen. Man muss das eben differenziert betrachten, weil Rüstungsexporte sehr, sehr langfristig organisiert sind.

Ich kann Ihnen aber gerne, obwohl wir das ja normalerweise gar nicht machen, definieren – Sie haben es offensichtlich auch schon im Duden nachgeschlagen – beziehungsweise noch einmal ganz deutlich sagen, was es bedeutet, unverändert an strengen Regeln der Exportkontrolle festzuhalten. Da gibt es zum einen die politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern aus dem Jahr 2000, es gibt den gemeinsamen Standpunkt des Rates der Europäischen Union vom 8. Dezember 2008 betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern, und es gibt den Vertrag über den Waffenhandel – „Arms Trade Treaty“ -, der am 24. Dezember 2014 in Kraft getreten ist. Vielleicht lesen diese drei Sachen auch einmal.

Zusatz : Das war ja nicht gemeint, ich meinte nur das Wort „restriktiv“, das Sie offenbar falsch verwenden. Darum geht es.

SRS’in Demmer: Das ist ja Ihre Interpretation, die wir uns hier ganz sicher nicht zu eigen machen.

Zusatz : Ich beziehe mich auf die Tatsachen, die Sie selbst veröffentlichen.

SRS’in Demmer: Ja, aber wir haben Ihnen ja – –

Zusatzfrage : Ich hatte aber eine Frage an das Entwicklungsministerium.

Vorsitzender Feldhoff: Das wissen wir. Wir wollen nicht, dass immer gleich alles in Diskussionen ausartet.

Zusatz : Genau. Ich kann mich zurückhalten.

Vorsitzender Feldhoff: Die Bundesregierung beantwortet die Frage so, wie sie sie beantwortet. Mir ist klar, dass das Ihnen nicht immer gefällt. Das kann ich auch nachvollziehen, aber es ist leider so.

Mänz: Mir ist gerade keine Äußerung des Ministers explizit zu den deutschen Rüstungsexporten präsent. Er hat sich tatsächlich immer sehr allgemein zu den weltweiten Ausgaben für Militärgüter geäußert und auf das Missverhältnis zwischen Militärausgaben und den weltweiten Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit hingewiesen und da immer wieder gefordert, das Verhältnis zu verändern. Aber direkt zu den deutschen Rüstungsexporten ist mir nichts präsent.

Zusatzfrage : Können wir angesichts dieser neuen restriktiven Rekordzahlen noch mit einer Stellungnahme rechnen?

Mänz: Das kann ich Ihnen momentan nicht sagen.

Alemany: Nur für das Protokoll, weil Sie immer von Rekordzahlen sprechen: Es sind gesunkene Jahreszahlen. 2015 – ich hatte es gesagt – waren es 7,86 Milliarden Euro, im abgelaufenen Jahr 2017 waren es nur noch 6,24 Milliarden Euro. Es ist also gesunken.

Zusatzfrage : Ich beziehe mich auf die Drittstaaten.

Alemany: Zu den Drittstaaten hatte ich Ihnen auch etwas erzählt. Es stimmt, es gibt einen leichten Anstieg im Vergleich zu 2016. Auch da können wir gerne über die Zahlen reden: An die EU-Länder zum Beispiel ging es im Vergleich von 2016 zu 2017 nach oben, in die Drittländer gab es einen leichten Anstieg von 3,67 Milliarden Euro auf 3,79 Milliarden Euro – leichter Anstieg. Ein Fünftel davon betrifft eine Fregatte, die nach Algerien exportiert wurde. Darunter fallen aber auch geschützte Fahrzeuge für das Kinderhilfswerk UNICEF, für die Uno-Flüchtlingshilfe und für das Welternährungsprogramm in Ländern wie Afghanistan oder Syrien. Darum noch einmal meine Bitte: Auch bei den Drittländerzahlen – egal, wie man rechnet, ob man mit den Zahlen für ganze Legislaturperioden oder mit Jahreszahlen rechnet – muss man sich anschauen, über was man spricht.

Zusatzfrage : Ist der Genehmigungswert für Exporte an Drittländer für 2017 – die 3,794 Milliarden Euro, die Sie gerade angesprochen haben – kein neuer Rekord?

Alemany: Das kann ich Ihnen gar nicht sagen. Ich glaube nicht, aber das kann ich gerne nachliefern.

Frage : Ich tue mich auch nach wie vor schwer mit den Zahlen. Ich kann ja akzeptieren, wenn alle möglichen Sondereinflüsse und sonstige Faktoren da eine Rolle spielen und die Aussagekraft beeinträchtigen, aber wenn ich langfristige Entwicklungen miteinander vergleiche, etwa wenn ich die Werte der einen Legislaturperiode zusammenzähle und die Werte der anderen Legislaturperiode zusammenzähle – also mehrjährige, vierjährige Zeiträume – und damit zu einer Aussage komme, dann habe ich doch ein Stück weit diese Sonderfaktoren zumindest abgedämpft, wenn nicht herausgerechnet. In diesen langfristigen Vergleichen sieht die Bundesregierung im Hinblick auf die Restriktivität – jedenfalls in dem, was man sehen kann – auch nicht so positiv aus. Von daher: An was soll ich denn eine restriktive Politik überhaupt messen, wenn die Zahlen eigentlich keine Bedeutung haben? Man fragt sich ja: Was bringt mir die ganze Transparenz einer Berichterstattung, wenn ich dann Definitionen habe, die so viel untereinander subsummieren, dass am Ende keine Aussage bleibt?

SRS’in Demmer: Aber die ganze Transparenz bringt doch schon die Möglichkeit, dass Sie sich die Zahlen sehr differenziert angucken können und dann sehen können, dass der Export von vier großen Tankflugzeugen nach Großbritannien in der Tat eine irre Summe ergibt, die einen großen Anteil an einer Jahreszahl hat, und dass Entscheidungen, die vor zehn oder zwölf Jahren getroffen werden, sich in der Bilanz möglicherweise auch erst sehr viel später auswirken.

Alemany: Ich würde da auch gern noch einmal einhaken. Ich folge Ihren Schlussfolgerungen da nicht. Wir haben zum Beispiel eine veränderte Lage in der Türkei, und die Genehmigungen gehen seit dieser veränderten Lage zurück. Das ist zum Beispiel Ausfluss einer besonders restriktiven Prüfung. Wir haben zum Beispiel keine Genehmigungen für die Ausfuhr von Panzern nach Saudi-Arabien. Wir haben mit den Kleinwaffengrundsätzen abgeschafft, dass ganze Panzerlinien, wie in den 80er-Jahren noch erlaubt, in Lizenzfabriken im Ausland gebaut werden dürfen. Das gibt es alles nicht mehr. Wenn Sie sich die Kleinwaffengenehmigungen in 2016 und 2017 anschauen, dann sehen Sie, dass das Hauptempfängerland Frankreich ist. Es gibt eine gesteigerte Terrorlage, es gibt vielleicht Preisentwicklungen für Rüstungsgüter. Das muss man alles mit ins Kalkül ziehen, wenn man darüber neutral spricht und sich eine Bewertung zumutet.

Zusatzfrage : Und am Ende habe ich eine Liste, bei der auf Nummer eins Algerien steht und auf Nummer zwei Ägypten steht – also durchaus Staaten, über deren Regierungsführung man ja diskutieren kann.

Alemany: Ja, nach Algerien geht eine Fregatte zum Küstenschutz und nach Ägypten geht ein U-Boot – als Beispiel für die größten Genehmigungswerte. Das ist so. Die Bundesregierung kommt da zu der Entscheidung, dass das genehmigt werden kann. Das heißt nicht, dass wir nicht restriktiv sind. Das ist die gleiche Sache, die der Kollege schon angesprochen hat: Diese Grundsatzfrage, ob Waffenexporte erlaubt sind oder nicht oder ob man die moralisch gut finden mag oder nicht, können wir hier nicht auflösen oder führen. Wir können nur nachdrücklich bitten, dass man sich die Zahlen so anguckt, wie sie sind, und dann nicht über Rekordwerte spricht, wo keine sind.

Frage: Herr Dimroth, es gab am Montag ja Auseinandersetzungen am Flughafen in Hannover. Es gab dort eine Demonstration im Zusammenhang mit Afrin. Wie kam es dazu, dass die Demonstranten mit Transparenten und mit Stöcken in den Flughafen hineindurften, wo strikte Sicherheitsvorkehrungen herrschen?

Dimroth: Dazu kann ich Ihnen leider nichts sagen. Das knüpft ja letztlich an meine Antwort auf die Frage des Kollegen von vorhin an: Das müssten Sie die zuständigen Sicherheitsbehörden vor Ort fragen, die dort tätig waren. Ich kenne den konkreten Sachverhalt nicht gut genug, um das von hier aus beurteilen zu können.

Im Flughafen gibt es, wie Sie wissen, einen offenen und einen geschützten Bereich, also einen Bereich hinter der Sicherheitsschleuse und einen Bereich vor der Sicherheitsschleuse. Der Bereich vor der Sicherheitsschleuse ist in der Regel ja weitestgehend öffentlich zugänglich. Aber noch einmal: Ich kann den Sachverhalt im Einzelnen nicht kommentieren. Ich kann Ihre Nachfrage nur noch einmal zum Anlass nehmen, zu appellieren, dass solche Meinungsäußerungen, die ja möglicherweise für den Betroffenen jeweils eine legitime Grundlage haben, friedlich vonstattengehen. Das umfasst nicht nur das Versammlungsgeschehen, sondern das umfasst auch die von Ihnen geschilderten Übergriffe gegen Moscheen. Das ist selbstverständlich nicht hinzunehmen, das sind Straftaten. Da, wo wir über Straftaten sprechen, muss die Justiz auch entsprechend tätig werden, und jeder einzelne dieser Angriffe – sei es innerhalb eines Versammlungsgeschehens, sei es gegen Moscheen – ist zu verurteilen und, wie gesagt, als strafbare Handlung dann auch entsprechend zu verfolgen. Das ist unsere klare Sicht auf diese Dinge.

Zusatzfrage: Aber im Flughafen ist ja die Bundespolizei zuständig.

Dimroth: Das ist richtig, es gibt eine Teilzuständigkeit der Bundespolizei. Aber wie gesagt, ich kenne den Ablauf dieses konkreten Vorgangs nicht aus eigenen Erkenntnissen, sodass ich bewerten könnte, ob das im Zugangsbereich war, der offen ist, ob das in der Nähe der Sicherheitsschranken war, wo dann eben auch die Bundespolizei stationiert ist, ob es entsprechende Möglichkeiten der Vorkontrolle gab und ob das erkennbar war. All das weiß ich nicht und dementsprechend kann ich es auch nicht beurteilen.

Frage : Frau Alemany, Sie haben gerade ja darauf gedrungen, dass man die Zahlen sehr differenziert betrachten müsse, weil es da immer irgendwelche Großaufträge gebe – die Tankflugzeuge oder U-Boote an Israel usw. -, die dann eine Art Ausreißer darstellen, und am Schluss Ihrer Antwort haben Sie gesagt – wenn ich Sie richtig verstanden habe -, im Übrigen sei es aber so, dass die Genehmigungen rückläufig seien. Heißt das, in Anbetracht dessen, was in Sachen Rüstungsexporten sozusagen in der Pipeline ist, können wir erwarten, dass die Tendenz, die Sie beschrieben haben – weiter rückläufig -, beibehalten wird, weil die jetzige Regierung, die noch im Amt ist, in den letzten vier Jahren generell weniger genehmigt hat und deswegen auch die Zahlen weiter rückläufig sein werden, wenn wir in den nächsten Jahren schauen? Sie sagen ja immer, das seien langfristige Projekte, die die Vorgänger- oder Vorvorgängerregierung genehmigt haben; also müsste sich ja das, was an Restriktionen oder restriktiven Genehmigungen in den letzten vier Jahren passiert ist, dann in drei, vier, fünf, sechs, sieben Jahren auch auswirken.

Alemany: Das kann ich nicht, weil ich für die Zukunft zum Beispiel nicht sagen kann: Wir werden Frankreich nie wieder einen Großauftrag liefern. Unser Ziel ist ja nicht, geringere Zahlen zu bekommen, sondern uns genau anzuschauen: Wem erlauben wir, was zu liefern, an welches Land geht das, wie ist dort die Situation und um welches Produkt handelt es sich? Wenn ich Ihrer These folgen würde, müsste es das Ziel der Bundesregierung sein, einfach nur auf geringere Genehmigungszahlen zu kommen, egal an welches Land und egal welches Produkt. Das würde wenig sinnvoll sein und würde einer verantwortungsvollen Rüstungsexportpolitik widersprechen. Es geht doch darum – beziehungsweise Ihre Frage legt das nahe -, ob zum Beispiel Panzer an Saudi-Arabien geliefert werden. Da kann ich zumindest für die abgelaufene Legislaturperiode sagen – und ich bin mir sicher, dass eine neue Bundesregierung das ebenso verantwortungsvoll handhaben wird -, dass sich solche Dinge wahrscheinlich über die Jahre reduzieren werden. Aber andere Produkte wie zum Beispiel Panzerglas für Botschaften werden wir natürlich nicht restriktiv handeln beziehungsweise nicht einschränken, verstehen Sie? Selbst diese Antwort ist also nicht so einfach wie die Frage.

Zusatzfrage : Das verstehe ich sehr gut. Ich kann auch verstehen, dass Waffenlieferungen an einen engen Verbündeten wie Frankreich sicherlich unproblematisch sein dürften – zumindest auf den ersten Blick. Deshalb noch einmal die Frage: Wie sieht das denn bei Drittstaaten aus, also bei den Staaten, bei denen es in der Tat immer wieder problematisch werden könnte oder auch als problematisch angesehen wird? Ist zu erwarten, dass die Ausfuhren an Länder im Nahen Osten wie Saudi-Arabien, Katar oder Algerien – oder an welche Länder auch immer – zurückgehen? Denn da haben wir ja im letzten Jahr, in 2017, offenkundig einen Anstieg gehabt.

Alemany: Auch das kann ich nicht. Sie implizieren ja, dass alle Drittländer – ich sage es jetzt einmal umgangssprachlich – böse Staaten sind und eigentlich weniger Rüstungsexporte dahin genehmigt werden sollten. Man muss sich wirklich jedes Land und die Verhältnisse in dem Land immer wieder anschauen. Wir können jetzt die Drittländer insgesamt nehmen. Wie gesagt, da ist es, glaube ich, schwierig, einen Trend abzusehen; denn auch da gibt es legitime Interessen der Bundesrepublik oder des jeweiligen Landes. Ich muss wieder auf Algerien zurückkommen: Algerien hat ein legitimes Interesse, weshalb wir auch als Bundesregierung zur Genehmigung der Ausfuhr einer Fregatte gekommen sind. Ich glaube, ein Trend ist schwierig auszumachen. Der einzige Trend, den ich wirklich bestätigen kann und den ich wahrscheinlich auch für die kommenden Regierungen bestätigen kann, ist, dass wir verantwortungsvoll mit diesen Genehmigungen umgehen.