Hasskampagne der Springerpresse: »Das Ganze ist aber auch ein Geschäftsmodell«

Kolumne von Welt-Autor Rainer Meyer löst im Internet Hasskampagne gegen österreichische Autorin aus. 

Ein Gespräch mit Natascha Strobl

Interview: Christof Mackinger, Wien

Sie standen jüngst im Zentrum einer umfangreichen rechten Hasskampagne im Internet. Wie kam es dazu?

Ich wurde von der Redaktion des TV-Magazins »Panorama« angefragt, einen Sachverhalt zu beurteilen, der die »Identitäre Bewegung« betrifft, nämlich Postings auf Instagram. Als mich die Redaktion befragte, ob ich es problematisch fände, wenn ein hoher Angestellter der Bundeswehr so etwas liken würde, habe ich das bejaht, weil das ein politischer Akt ist. Der Beitrag wurde ausgestrahlt, der Beschuldigte hat das Problem eingesehen und dies auch so verlautbart. Für mich war die Sache erledigt.

Dann hat sich aber Rainer Meyer, ein Journalist, der unter dem Pseudonym Don Alphonso für die Welt schreibt, mit dem Soldaten solidarisiert. Er hat einen Artikel veröffentlicht, der neben Wahrem auch Halbwahrheiten und Falschinformationen über mich enthält. Er stellte es so dar, als hätte ich eine persönliche Kampagne gegen diesen Soldaten geführt. Dabei wurde ich nur als Expertin hinzugezogen. Ich wurde zur Hauptschuldigen auserkoren. Don Alphonso markierte mich persönlich, und seitdem bekomme ich den ganzen Hass des Onlinemobs ab. Es war alles sehr anstrengend und belastend, weil das Ganze sehr in den persönlichen Bereich ging. Ich habe aber auch viel Solidarität erfahren!

Was steckt hinter dem Artikel über Sie?

Er verfolgt auch eine Ablenkungsstrategie. Ein eigentlich abgeschlossenes Thema wird neu geframed und neu angeheizt. Damit tritt das eigentliche Thema »Rechtsextremismus, Bundeswehr und Abgrenzung« in den Hintergrund, und statt dessen wird von persönlichen Kampagnen phantasiert. Das ist schade, da das eigentliche Thema sehr wichtig ist und am besten strukturell und systemisch diskutiert wird.

Anfeindungen von rechts sind nichts Neues für Sie. Worin lag die neue Qualität des virtuellen Hasses nach Meyers Beitrag?

Das schlimmste war, dass sie das Onlinekondolenzbuch meines kürzlich verstorbenen Vaters gefunden und wirklich grausame Dinge reingeschrieben haben.

Eine zentrale Aussage des Kolumnisten war der Satz: »Die wollen nicht mich mit ihren Drohungen in die Unterwerfung peitschen, sondern euch … Ich bin ihnen dabei nur im Weg. « Was lässt sich hier über den rechten Diskurs ablesen?

Das ist ein Satz, den rechtsextreme Politiker schon oft verwendet haben, zuletzt Trump. Das ist eine sagenhafte Selbsterhöhung, ein Pathos, der mahnt, als wäre man im Krieg, den es zu gewinnen gilt. Man kann eine Märtyrerrolle herauslesen: »Ich stelle mich in den Weg, ich beschütze euch, und wenn ich weg bin, kommen sie direkt an euch. «

Es geht ganz klar um ein »Wir« gegen »die«. Das hat überhaupt nichts mehr mit der Realität zu tun, das ist wahnhaft und dient dazu, die Menge aufzupeitschen. Das ist die Untergangsrhetorik der extremen Rechten. »Wenn wir es nicht jetzt schaffen, die Macht an uns zu reißen, dann ist es zu spät. Wir sind die letzte Generation. «

Welche Lehre lässt sich aus dem Ganzen ziehen?

Das Ganze ist eine Strategie. Es ist sicher eine persönliche Abneigung Don Alphonsos, aber eben auch ein Geschäftsmodell. Gerade Springers Welt hat ein großes Problem, die ist nicht rentabel. Sie versucht ihre Existenzberechtigung über den Onlineauftritt herzustellen – und was zählt da? Viele Klicks. Und die versucht man, mit einer Prangersituation zu erzielen und der Kalkulation, dass das von vielen Leuten aus dem rechten Mob geteilt wird. Jede seriöse Zeitung muss sich überlegen, ob sie so ein Geschäftsmodell möchte.

Das wichtigste ist zu erkennen, dass ich nicht die erste bin, der so etwas widerfährt, und auch nicht die letzte sein werde. Diese Art des Psychoterrors exponiert einen unglaublich, da will man sich am liebsten zurückziehen. Das wäre aber falsch! Wichtig ist, zusammenzustehen und Betroffenen Bestätigung zu geben und klarzumachen, dass man so etwas nicht zulässt. Deshalb müssen wir allen Betroffenen beistehen, auch wenn sie weniger Öffentlichkeit haben. Dieser Solidaritätsgedanke ist wichtig. In einem zweiten Schritt muss man klar aufzeigen, wer von so einem Geschäftsmodell profitiert und wer dahintersteht.

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