„Corona-Skeptiker“ und Schwerkraft-Skeptiker

Thread by @christophnebgen

Ich habe mich gestern mit einem Kollegen unterhalten, der sich während des Gesprächs als "Corona-Skeptiker" herausstellte. Das Gespräch verlief freundlich, wenn wir auch nicht hinsichtlich aller Fakten einer Meinung waren. Dabei ist mir aber noch etwas anderes aufgefallen: 1/

Manche Menschen scheinen nicht in der Lage zu sein, in Kontingenzen zu denken. Kontingenz ist ein Zustand, der mehrere alternative Entwicklungen zulässt, die alle möglich sind, von denen aber keine zwingend ist. In diesem Zustand ist Widerspruch einigermaßen sinnlos. Beispiel: 2/

Wenn ich sage: "Geht nicht in die Sümpfe, da könnten giftige Schlangen sein, die Euch vielleicht beißen" sind folgende Einwände per se unsinnig:
- Vielleicht sind da gar keine Schlangen.
- Vielleicht sind die gar nicht giftig.
- Vielleicht beißen die gar nicht. 3/

Denn das sind alles inhaltlich gar keine Einwände, sondern lediglich Umformulierungen meiner eigenen Aussage, die ja nicht absolut ist, sondern gerade nur eine Möglichkeit (=Kontingenz) bezeichnet. Das es auch anders sein könnte, ist Wesen der Kontingenz. 4/

Die Frage ist also nicht, ob im Sumpf Schlangen sind oder nicht. Die Frage ist, wie wir mit dieser Kontingenz umgehen wollen. Manche Möglichkeiten sind unangenehmer als andere, deshalb muss jeder für sich eine Entscheidung treffen, welches Risiko er eingehen will. 5/

Diese Entscheidung sollte nach Möglichkeit auf der Basis sachlicher Kriterien getroffen werden. Kein sachliches Kriterium z. B. ist: "Ich bin der Geilste, mir passiert sowieso nichts." Man denke dabei an Trump, der Maskenzwang verkündet, selbst aber keine trägt. 6/

Zurück zu Corona: Bei einem Risiko, dass die gesamte Gesellschaft betrifft, entscheidet auch die gesamte Gesellschaft, welches Maß an Risiko sie zu tragen bereit ist. Das tut die Gesellschaft mittels festgelegter Prozesse durch demokratisch gewählte Repräsentanten. 7/

Deren Entscheidung sollte sachgerecht sein; bei komplexen Problemen sollte sich die Politik Rat bei Sachverständigen einholen. Völlig unerheblich ist, ob diese Experten alle einer Meinung sind. Wichtig ist, dass sie der Politik einen Überblick über das Risiko verschaffen. 8/

Solange die Politik sich bei ihren Entscheidungen im Rahmen der wissenschaftlichen Expertise bewegt, dürfte daran wenig auszusetzen zu sein. Schwierig wird es, wenn die Politik sich über sachverständige Meinungen ohne valide Gegenargumente hinwegsetzt. Beispiel: 9/

Wenn die Wissenschaft praktisch einhellig vor einer Beibehaltung des aktuellen CO2-Ausstoßes warnt, die Politik aber Verbrennungsmotoren fördern will, verfehlt diese Politik ihren Auftrag. Gegen diese Politik ist aktiver Widerstand angebracht. Gegenbeispiel: 10/

Wenn die Politik aber Schutzmaßnahmen anordnet, die nach sachlichen Erwägungen das Risiko einer möglichen Gefahr senken, ist das sinnvoll. Der Einwand, dass diese Gefahr vielleicht gar nicht eintreten könnte, ist unerheblich, siehe oben. 11/11