Was macht eigentlich der Hamburger Bürgermeister jetzt? Macht er den Sauerland? [Update: Jetzt das ganze Interview]

Interview mit Thoma Fettes

Es kam jetzt heraus, dass mindestens vier sächsische Polizisten als sogenannte Tatbeobachter bei der »Welcome to Hell«-Demonstration am Tag vor dem G-20-Gipfel in Hamburg dabei waren. Wie bewerten Sie das?

Gegen die bloß passive Teilnahme von Polizeibeamten als Beobachter aneiner Demonstration im Rahmen der Vorfeldaufklärung ist nichts einzuwenden. Auch die Tatsache, dass die Polizisten aus einem anderen Bundesland kommen, ist nachvollziehbar. Schließlich wollte man so verhindern, dass sie erkannt werden.

Es heißt, die Beamten seien zeitweise vermummt gewesen. Das Brisante: Die Demo ist offiziell aufgelöst worden, weil nicht alle ihre Vermummung ablegen wollten.

Genau hier beginnt das Problem: Aus einer passiven, beobachtenden Teilnahme wird durch die eigene Vermummung eine aktive Teilnahme – und damit eine nicht nur inhaltliche, sondern auch tatsächliche Unterstützung der Demonstration sowie auch der daraus gegebenenfalls begangenen Straftaten – und sei es nur die verbotene Vermummung an sich.

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Ganz inkonsequent geht es jetzt also weiter:

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Müssen Tatbeobachter oder verdeckte Ermittler sich nicht solcher Mittel bedienen? Sonst fliegt die Tarnung ja leicht auf.

Zum einen gab es aus meiner Sicht keine Notwendigkeit, hier »verdeckte Ermittler«, VE, einzusetzen. Man kann heutzutage solche Demonstrationen sehr gut mit Video beobachten. Zum anderen halte ich den Einsatz bei einer Demonstration, die ja prinzipiell durch das Grundgesetz geschützt ist, für nicht angemessen. Nach Paragraph 110a Strafprozessordnung dürfen VE zur Aufklärung einer »Straftat von erheblicher Bedeutung« eingesetzt werden.

Das bedeutet, dass zum einem etwas aufgeklärt werden soll, was bereits passiert ist – das ist hier offensichtlich nicht der Fall – und darüber hinaus ist dieser Einsatz nach dem Gesetz nur zulässig, wenn die Aufklärung auf andere Art und Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Das müsste von der Staatsanwaltschaft erst einmal konkretisiert werden, bevor man behauptet, dass der Einsatz zulässig war.

Was sagen Sie zu den teilweise überharten Urteilen gegen G-20-Gegner – vor dem Hintergrund, dass bisher alle Ermittlungen gegen Polizisten nach dem Gipfel eingestellt worden sind?

Das Grundproblem ist seit langem bekannt und durch die empirische Studie des Kollegen Tobias Singelnstein nachgewiesen: Verfahren gegen Polizeibeamte werden in fast allen Fällen eingestellt. Über die tatsächlichen Gründe kann man spekulieren. Singelnstein nennt als Stichworte: Schwierige Beweislage, schlechte Ermittlungen sowie Verständnis und Nähe. Letzteres erscheint mir besonders wichtig. Die Staatsanwaltschaft ist auf eine gute Zusammenarbeit mit der Polizei angewiesen. Wenn sie Verfahren gegen Polizisten zur Anklage bringt, kann dadurch diese Kooperation erschwert werden – und niemand macht sich gerne mehr Arbeit als unbedingt notwendig.

Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus, heißt es. Was kann gegen die Kungelei von Staatsanwaltschaft und Gerichten mit der Polizei getan werden?

Man hat dieses Problem inzwischen gut erkannt und in vielen Bereichen auch darauf reagiert, indem ortsfremde Behörden ermitteln. Das ist natürlich in Hamburg schwierig, denn es würde am Selbstverständnis der Hanseaten kratzen, wenn man beispielsweise Bremer Ermittler damit beauftragen würde. Aber man könnte ja die Bundespolizei einsetzen, so wie es jetzt in Bremen beim BAMF geschieht.

Für viele Linke steht fest, dass das Vorgehen der Polizei beim Gipfel sehr brutal war, dass es viele Schikanen gegeben hat, zum Beispiel in der Gefangenensammelstelle. Wie sehen Sie das?

Hier verlasse ich mich auf die Aussagen der Strafverteidigerkollegen in Hamburg, die ich zum Teil noch aus meiner Zeit dort gut kenne und die ich als sehr seriös einschätze. Und das, was sie berichtet haben, hat in vielen Bereichen rechtliche und auch moralische Grenzen überschritten.

Lesen bei der Jungen Welt

Katarina Barley zeigt Format. - Das habe ich schon lange keinem Bundesminister oder keiner Bundesministerin vorgeworfen.

Katarina Barley (SPD): Bundesjustizministerin hat geniale Idee für WhatsApp

WhatsApp-Nutzer sollen auch mit Nutzern anderer Messenger Dienste kommunizieren können – dazu brauche man ein Gesetz, dass die notwendige Öffnung erzwinge. Dieser Vorschlag aus der Politik gleicht im Smartphone-Zeitalter einer Revolution und lässt sich mit einer verwandten Situation begründen.

Wer sich heutzutage WhatsApp verweigert, macht sich sein Leben schwer: Die Kollegen, die Freunde, der Verein und die Familie – überall wird WhatsApp genutzt. Wer mitreden will, muss sich auch diese App installieren, die als Datenkrake und Facebook-Komparse verschrien ist. Es führt technisch gesehen kein Weg vorbei, denn WhatsApp funktioniert nur mit WhatsApp. Aber muss das sein?

WhatsApp-Nutzer sollen mit den Nutzern einer anderen App kommunizieren können

Man stelle sich aber vor, man könnte als Nutzer von Telegram seine Nachrichten auch an WhatsApp-Nutzer schicken, ohne dass man selbst WhatsApp auf seinem Smartphone installiert hat. Oder man denke an einen Nutzer, der sich aus Sicherheitsgründen für den Dienst Threema entschieden hat und trotzdem Teil einer WhatsApp-Gruppe ist, bei der er mitchattet.

Wenn der marktdominierende Messenger „offen“ wäre, dann würden sich die Machtverhältnisse verschieben: Die Nutzer würden die App zur Kommunikation nutzen, die sie am besten finden – statt die nutzen zu müssen, die alle anderen auch nutzen. Ein Ende des gefühlten Gruppenzwangs zur WhatsApp-Nutzung wäre in Sicht. Diese Forderung nach einer Öffnung von WhatsApp für konkurrierende Dienste äußerte kürzlich Katarina Barley im Interview mit Zeit Online. Die 49-jährige ist seit März Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz im Kabinett Merkel IV.

„Das Zauberwort heißt Interoperabilität“ sagt sie und nennt dabei konkret WhatsApp, die unangefochtene Nummer Eins unter den Messengern. Würde WhatsApp seine Schnittstellen für andere Anbieter öffnen, dann könnten die Nutzer zu anderen Angeboten wechseln, „die bessere Datenschutzstandards haben“. Barley meint, dass die dafür notwendige Regulierung von Messengerdiensten „idealerweise auf europäischer Ebene“ erfolgen solle.

WhatApp und Interoperabilität: Warum eigentlich nicht?

Die Politikerin erläutert: „Das ist beim Mobilfunk möglich und das ist auch bei diesen Systemen möglich“. In der Tat ist es für uns selbstverständlich, dass man als Telekom-Kunde einen o2-Kunden anrufen kann, denn die Netze lassen diese Kommunikation zwischen unterschiedlichen Anbietern (und Mobilfunknetzen) zu – alles andere wäre geradezu absurd.

Bei Messengern ist jedoch ein System aus „geschlossenen Gesellschaften“ normal. Es ist ganz im Sinne der Konzerne, die uns die führenden Kommunikations-Dienste anbieten. Die Politik könnte dieses System zu einer grundlegenden Änderung zwingen und den Nutzern neue Freiheiten schaffen.

Der Vorschlag der Bundesjustizministerin ist alles andere als neu – wer ein wenig recherchiert, findet heraus, dass das Thema Interoperabilität immer wieder auf den Tisch kommt. Der re:publica-Gründer Markus Beckedahl brachte die Situation Anfang Mai bereits auf den Punkt: „WhatsApp hat eine monopolistische Stellung in Deutschland.“ Es müssten endlich Schnittstellen her, die es erlauben, dass man mit jedem Messenger Kontakt zu WhatsApp aufnehmen kann.

Gute Idee oder riesiger Denkfehler? Schreibt uns in die Kommentare.

Quellen: Zeit, WDR

Quelle: https://www.giga.de/apps/whatsapp-fuer-android/news/katarina-barley-spd-bundesjustizministerin-hat-geniale-idee-fuer-whatsapp/