VW: Drei Mann, ein MG und Hartz 4

Ein »Symbol der nationalsozialistischen deutschen Volksgemeinschaft« sollte es werden, so Hitler am 26. Mai 1938 bei der Grundsteinlegung (ganz rechts im Bild Ferdinand Porsche)

Foto: Bundesarchiv, Bild 183-H06734/creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/


Im Mai 1938 hieß es in der »Wochenschau«: »Heute, am 26. Mai 1938, steht ein kleiner Ort im Süden des Gaues Ost-Hannover im Blickpunkt ganz Deutschlands. Hier soll nach dem Willen des Führers ein gigantisches Werk entstehen, von dem man noch einmal in der Welt reden wird. (…) Den Arbeitern des Volkswagenwerkes werden die schönsten Pausenräume, Duschanlagen und Sportplätze zur Verfügung stehen, so dass hier nicht nur die technischen Anlagen, sondern auch die soziale Betreuung der Belegschaft einzigartig in der Welt sein werden.«

Die Grundsteinlegung für das nach der gleichnamigen Naziorganisation benannte Kraft-durch-Freude-Werk, vorgenommen durch Adolf Hitler persönlich, entsprach vielen Anforderungen der faschistischen Führung. Ideologisch ging es um die Verankerung der Volksgemeinschaftsideologie, um Propaganda für das Wohlstandsversprechen der Nazis – deshalb wurden 70.000 »Volksgenossen« nach Fallersleben gekarrt, deshalb war die Veranstaltung an jedem »Volksempfänger« zu hören, deshalb wurde der christliche »Himmelfahrtstag« für diese monströse Veranstaltung benutzt. Es sollte die Größe und die Modernität des Naziregimes demonstriert werden. Die Fabrik sollte die größte und produktivste Autofabrik der Welt werden. In dem in seiner Architektur und Technologie den amerikanischen Ford-Fabriken nachgebauten Werk sollten zwecks Volksmotorisierung und Autogesellschaft jährlich 900.000 Autos gebaut werden.

Industriepolitisch ging es darum, den Rückstand zu den USA aufzuholen und in einer industriearmen Region zwischen Harz und Heide Arbeitsplätze zu schaffen. Der Standort wurde wegen der Bahnlinie zwischen Rhein und Oder, wegen des Mittellandkanals und wegen der großen Entfernung zu den Außengrenzen gewählt. Mit der Autofabrik waren weitere Arbeitsplätze verbunden: in der Stahlindustrie (Salzgitter), im Anlagen- und Maschinenbau, in der Reifen- und in der chemischen Industrie.

Vielseitig einsetzbar

Militärisch und strategisch ging es um die Kriegsvorbereitung. Im Exposé, das der Automobilkonstrukteur Ferdinand Porsche am 17. Januar 1934 Hitler übergab, hieß es: »Ein Volkswagen darf kein Fahrzeug für einen begrenzten Verwendungszweck sein, er muss vielmehr durch einfache Wechsel der Karosserie allen praktisch vorkommenden Zwecken genügen, also nicht nur als Personenwagen, sondern auch als Lieferwagen und für bestimmte militärische Zwecke geeignet sein.« Das Reichsverkehrsministerium hielt in einem Aktenvermerk fest: »Sitzplätze für 3 Erwachsene, 1 Kind. Diese Bedingung entspricht auch den militärischen Erfordernissen, da sich nach Entfernung des Aufbaues 3 Mann, 1 Maschinengewehr und Munition unterbringen lassen.«

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